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Ruanda sponsert den FC ArsenalShitstorm of Shame

Simone Schlindwein
Kommentar von Simone Schlindwein

Ruanda will mit Werbung auf Trikots des Fußballclubs FC Arsenal den Tourismus ankurbeln. Das finden englische Boulevardblätter gar nicht gut.

Zehn Prozent der Einkommen aus ruandischen Nationalparks werden in die Gemeinden investiert Foto: dpa

S tellen Sie sich vor, das Bundesland Rheinland-Pfalz will den lokalen Tourismus fördern und schließt mit dem englischen Fußballclub FC Arsenal einen Deal: Ein Jahr lang sollen die Spieler auf ihrem Trikot den Werbeslogan „Bereist den Rhein“ tragen. Das würde niemand wundern; es wäre eine ganz normale Marketing-Strategie, um den Tourismus zu pushen.

Ruanda ist Partnerland von Rheinland-Pfalz – und hat genau das nun getan. 40 Millionen Dollar hat sich Ruandas Regierung diesen Werbegag kosten lassen – und der Shitstorm ist gewaltig. „Shirt of Shame“ (T-Shirt der Schande) lautete die Schlagzeile in der britischen Tageszeitung Daily Mail.

Und der Daily Express rechnet den britischen Lesern vor: Ruanda erhält von Großbritannien 64 Millionen Pfund (73,5 Millionen Euro) Entwicklungshilfe – und bezahlt 30 Millionen Pfund (34,5 Millionen Euro) an den FC Arsenal. „Sponsern britische Steuerzahler also jetzt ihren eigenen Verein mit Entwicklungshilfe?“, fragt die Zeitung. „Verschwendung“ von Steuergeld nennen das britische Kritiker.

Aber jetzt mal halb lang! Was Ruandas Regierung hier treibt, ist keine sinnlose Veruntreuung internationaler Entwicklungsgelder, sondern eine durchdachte Strategie, die langfristig dafür sorgen soll, dass das kleine Land im Herzen Afrikas von Hilfsgeldern unabhängig wird.

Ruandisches Geld

„Wir haben keinen einzigen Cent der Hilfsgelder ausgegeben, um Arsenal zu sponsern“, versichert Ruandas Vize-Außenminister Olivier Nduhungirehe gegenüber der taz. Das veranschlagte Geld stamme „zu Hundert Prozent“ aus den Einnahmen aus dem Tourismus. Es ist ruandisches Geld und die Regierung darf entscheiden, für was sie es ausgibt.

Angesprochen auf all die internationale Kritik über den Deal, klingt der Vize-Außenminister verbittert: „Diese Leute behandeln uns nach wie vor wie ein armes afrikanischen Land, das keine eigenen Ambitionen haben darf – ganz nach dem Motto ‚Wir füttern euch durch‘!“.

Aber die Ruander wollen nicht durchgefüttert werden – und dafür gibt es einen Plan: Das Land mit gerade einmal 12 Millionen Einwohnern, das noch vor 20 Jahren nach einem brutalen Völkermord eine Trümmerwüster ohne wirklich nennenswerte Rohstoffreserven war, setzt auf Tourismus als Entwicklungsmotor. Die seltenen und vom Aussterben bedrohten Berggorillas sind weltweit eine Attraktion. Das hat Potenzial.

Brüssel, London, New York

Die Ruander haben investiert: in Hotels, Straßen, Nationalparks. Derzeit wird ein neuer internationaler Flughafen gebaut, der modernste in Afrika. Die staatliche Fluggesellschaft Rwandair fliegt mittlerweile nicht nur alle größeren Hauptstädte Afrikas an, sondern auch Brüssel, London und bald auch New York. In Ruandas Hauptstadt Kigali überragt das drittgrößte Konferenzzentrum des Kontinents die Hausdächer – übrigens von deutschen Architekten entworfen. Jetzt geht es darum, Kunden anzulocken, um die Hotelbetten auch voll zu kriegen.

Der Tourismussektor ist eine der wichtigsten Einkommensquellen Ruandas. 2017 gaben Besucher aus aller Welt rund 400 Millionen Dollar in Ruanda aus. Das sind rund 13 Prozent des Bruttosozialprodukts. Bis 2024 soll sich das verdoppeln.

Bislang arbeiten rund 20.000 Ruander im Tourismussektor, auch da sollen mehr Jobs entstehen. Zehn Prozent der Einkommen aus den Nationalparks werden in die armen Gemeinden rund um die Parks investiert, um dort Schulen, Krankenhäuser und Straßen zu bauen. Zum Vergleich: Entwicklungshilfe macht rund 16 Prozent des Staatshaushalts aus. Mehr Tourismus – weniger Entwicklungshilfe, so lautet die ruandische Strategie, die hinter dem Sponsoring steckt.

„Jedes Unternehmen weltweit versucht sein Produkt so anzubieten, dass es möglichst viele Kunden erreicht“, sagt Nduhungirehe. Arsenal sei nicht nur in Afrika, sondern weltweit einer der beliebtesten Fußballclubs. „Doch uns geht es nicht um Fußball, sondern um die Zielgruppe“, so der Vize-Außenminister. 35 Millionen TV-Zuschauer erreiche der Club täglich weltweit. Um so viele potenzielle Kunden zu erreichen – dafür habe Ruanda das Geld investiert.

Aufmerksamkeit

Dass der Shitstorm in den Medien jetzt so gewaltig ist, damit habe auch der Vize-Außenminister nicht gerechnet, wie er sagt. Aber letztlich sei das alles gar nicht so schlimm, im Gegenteil, so Nduhungirehe: „Umso mehr die Leute diskutieren, desto mehr Aufmerksamkeit kriegen wir – und das war ja Teil der Strategie“.

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Simone Schlindwein
Simone Schlindwein, Jahrgang 1980, lebt seit 2008 in Uganda und ist taz-Korrespondentin für die Region der Großen Seen: DR Kongo, Ruanda, Burundi, Uganda, Zentralafrikanische Republik, Südsudan. Von 2006 bis 2008 war sie u.a. Moskau-Korrespondentin des Spiegel. Für ihre Arbeit wurde sie u.a. mit dem Journalistenpreis »Der lange Atem« sowie dem Otto-Brenner-Preis ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie die Bücher »Diktatoren als Türsteher Europas« (mit Christian Jakob) und »Tatort Kongo« (mit Dominic Johnson und Bianca Schmolze).
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11 Kommentare

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  • BOULEVARD BLÄTTER !!! Was soll man da erwarten? Da kann man sich auch den ganzen Tag über die B*** und was weis ich was fürn Schund bei uns noch auf Papier gedruckt wird aufregen!

  • Meistens haben ja die "Geberländer" am meisten von Entwicklungshilfe. Diese kommt dann in Form von Zinsen doppelt und dreifach zurück, und die "Nehmerländer" sind bis zum Sanktnimmerleinstag verschuldet. Lächerlich.

     

    Schön, wenn es mal ein Land – Ruanda – schafft, sich zu emanzipieren und die so genannten "Hilfsgelder" nach eigenen und m. E. nützlichen Aspekten einsetzt.

     

    Weiter so Ruanda! Ihr habt kapiert, wie die reichen Länder das machen.

  • Die Kritik sollte doch wohl andere Gruende haben: //http://www.inyenyerinews.org/afrika/before-visiting-rwanda-there-are-a-few-things-arsenal-fans-should-know/

  • Wer nicht will, daß die Werbekampagne von Ruanda selbst bezahlt oder aus Entwicklungshilfe wird, findet die Lösung zu diesem Problem in der eigenen Jens- oder Handtasche.

     

    Bequem im Vergessen bleiben, auf daß der Gutmensch im Wortsinn sich nicht damit beschäftigen muß, ist keine Lösung. (Und wer an die Verwendung dieses Wortes in einer gewissen Zeit denkt, genau solche Personen haben die gemeint, das muß mir nicht gefallen).

  • Ich wusste gar nicht, dass in Ruanda der Verblödungskapitalismus schon solche Macht gewonnen hat. Wie ist das möglich? Man hilft wenigen Reichen damit Wenige schnell reicher werden. Oder glaubt einer, das geschähe zum Wohle aller Bürger. Für die meisten gibt es wohl nur einen Hungerlohn für die Entsorgung und Verwertung des Wohlstandmülls. Bussineß* as usual.

     

    *Bussineß:

    Kunstwort. Zusammengesetzt aus den Wörtern Bussi - bay. Küsschen und Hoeneß. Umgangssprachlich verwendet für: Uli Hoeneß den Hintern küssen.

    • @APO Pluto:

      Wer hätte gedacht, daß die nicht unserem Idealbild von Afrika zu entsprechen in einer kommunistischen Stammeskultur im Urwald leben, nur dem weisen Medizinmann hörig, und ein bißchen auch dem Majestix … Sorry, falsches Dorf …

       

      Wir geben das Geld nun mal am liebsten dem, der schon das meiste Geld hat - und jammern darüber. Denn wer viel hat, dem wird gegeben, dem, der wenig hat, auch das noch genommen.

      • @Bodo Eggert:

        Jetzt weiß ich, warum das möglich geworden ist. Sie waren vorher als Missionar in Afrika und haben die unschuldigen Ungläubigen mit dem Versprechen auf Wohlstand für Alle in die Arme des "allein seligmachenden Kapitalismus" gelockt.

        • @APO Pluto:

          Richtig, und dabei habe ich denen schändlich verschwiegen, daß der Kapitalismus uns alleine gehört!

          • @Bodo Eggert:

            Nein, sie haben ihnen verschwiegen, dass der Kapitalismus von und für Ausbeuter gemacht ist.

  • nzuli sana!

    mögen Ruandas Sorgen weichen und das Land sich aus eigener Kraft entfalten.

  • 9G
    98983 (Profil gelöscht)

    wie so häufig in unserer welt, wenn jemand, der hilfe erhält nicht so handelt wie die helfenden müssen sie sich undankbarkeit und was weiß der geier noch anhören

     

    lang lebe die idee eines bedinungslosen einkommens