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KommentarRoter Filz dämpft

■ Bei Gallas Urteil wirkt er strafmindernd

Wäre die St.-Jürgen-Klinik ein privates Krankenhaus, der Skandal um die „Schwarzgeldklinik“ wäre nur halb so interessant . Was die Öffentlichkeit an den Schiebereien und Schmierereien eines Aribert Galla so interessiert hat, war die Nähe von „Ari“ zur politischen Macht, die ihn kontrollieren sollte und es nicht tat. Nicht umsonst mußten Politiker ihren Hut nehmen, nicht umsonst gab es einen Untersuchungsausschuß der Bürgerschaft: Galla stand und steht für Bremer Genossen-Filz.

Doch vor Gericht ging es um Wahrheitsfindung im Sinne der Anklage. Und strafbar sind Untreue und Bestechlichkeit, Filz aber nicht. Daher wühlten sich Staatsanwaltschaft und Gericht durch Aktenberge und Scheinrechnungen, beleuchteten den Hintergrund jedoch nur kurz. Im Gegenteil: Man hatte den Eindruck, zum Thema Filz sei alles gesagt und die Justiz habe dazu mangels Straftatbestand keine Meinung zu haben.

Ganz zum Schluß tauchte der Filz plötzlich wieder auf: Die „Strukturen, in denenGalla sich bewegte“ wurden vom Gericht bei der Strafzumessung mildernd beurteilt: Überall herrschte Filz, Galla hat eben auch mitgemacht . Zu deutsch: Galla wurde nicht wegen Filz verurteilt, im Gegenteil:Filz hat eine härtere Strafe für Galla verhindert.Ohne es zu wollen, hat der Rote Filz Galla einen letzten Dienst erwiesen und seinen Fall gedämpft. Bernhard Pötter

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