Rote Liste veröffentlicht: Jede vierte Säugetierart bedroht

Die neue Rote Liste gefährdeter Tiere und Pflanzen sieht vier Prozent mehr Arten bedroht als im Vorjahr. Der Klimawandel viele Spezies stresst. Den Elefanten geht es aber besser.

Akut vom Aussterben bedroht: Sumatra-Orang-Utans. Bild: dpa

Die Zerstörung der Natur nimmt global weiter zu. Fast jede vierte Säugetierart ist vom Aussterben bedroht. Mindestens 1.141 der 5.487 bekannten Arten in dieser Gruppe finden sich auf der neuen Roten Liste, die die Weltnaturschutzunion (IUCN) am Montag in Barcelona vorgestellt hat. Einige der bedrohten Säuger, etwa der chinesische Davidshirsch, gelten sogar schon als in freier Wildbahn ausgestorben. Insgesamt bezeichnet die internationale Nichtregierungsorganisation nun 16.928 Tier- und Pflanzenarten als bedroht. Das sind knapp 4 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Die Lage der Natur könnte in Wirklichkeit noch viel dramatischer sein. Denn allein bei den Säugetieren fehlen der IUCN nach eigenen Angaben in 836 Fällen genügend Daten, um den Zustand der Art beurteilen zu können. Die Naturschutzorganisation Conservation International schätzt deshalb, dass tatsächlich mehr als ein Drittel mit dem Aussterben kämpfen. Das ist nicht nur bedauerlich für Tier- und Pflanzenfreunde, sondern wird Wissenschaftlern zufolge auch wirtschaftliche Folgen haben: Unter den aussterbenden Pflanzen sind Arten, aus denen sich zum Beispiel Medikamente herstellen lassen. Für 188 Säugetierarten hat die IUCN die höchste Gefährdungsstufe ausgerufen. Vom Iberischen Luchs zum Beispiel existieren nur noch 84 bis 143 erwachsene Tiere.

Auch unsere nächsten Verwandten im Tierreich, die Menschenaffen, könnten bald vom Antlitz der Erde verschwunden sein. Die Bestände von Gorillas, Schimpansen und Bonobos sind mindestens "stark gefährdet". Der Sumatra-Orang-Utan gilt bereits als akut vom Aussterben bedroht.

Wichtigste Ursache für den Artenverlust ist, dass der Lebensraum von Tieren und Pflanzen zerstört wird. Wenn beispielsweise Regenwälder abgeholzt werden, können dort auch keine Affen mehr leben. Zudem trägt der Klimawandel dazu bei, dass immer mehr Arten ihren Lebensraum verlieren. Schließlich sind viele Tiere und Pflanzen dadurch bedroht, dass der Mensch sie jagt beziehungsweise sammelt.

"Die Rote Liste zeigt, dass die internationale Gemeinschaft versagt hat", sagte die Biologin Sandra Altherr von der Artenschutzorganisation Pro Wildlife der taz. Von dem vereinbarten Ziel, den Artenverlust bis zum Jahr 2010 deutlich zu verlangsamen, seien die Staaten weit entfernt. Die Expertin forderte die Europäische Union auf, für den Regenwaldschutz die Einfuhr von illegal geschlagenem Tropenholz zu verbieten. "Wenn wir die Regenwälder nicht schützen, verlieren wir mehr Arten, als auf der ganzen Liste stehen", warnte Altherr.

Auch die Umweltstiftung WWF bewertete die Zahlen als alarmierend. Die Gefahr für die Säugetiere sei besonders bedeutsam, da diese Gruppe eine sehr wichtige Position in den jeweiligen Ökosystemen besetze, erklärte Artenschutzexperte Frank Barsch. Er wies aber auch auf eine positive Entwicklung hin: Das Risiko für den Afrikanischen Elefanten schätzt die IUCN nun geringer ein als noch vergangenes Jahr. Schließlich leben im Süden und Osten Afrikas nun mehr Tiere als zuletzt. In Botswana sind es derzeit rund 130.000. Der WWF sieht darin einen Erfolg des Naturschutzes. "Wenn es das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen nicht gegeben hätte, gäbe es das nicht", sagte Barsch.

Um mehr solcher Erfolge zu erzielen, verlangte die IUCN klarere Ziele für den internationalen Artenschutz. Abteilungsleiterin Jane Smart: "Wir wissen jetzt, welche Arten bedroht sind, was und wo die Gefahren sind - wir haben keine Entschuldigungen mehr, nur stumm zuzuschauen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.