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Rot-Grün in NiedersachsenStreitfrage Autobahn

Die SPD in Niedersachsen pocht auf den Bau der A20 und der A39, gegen die die Grünen seit Jahren protestieren. Die Koalitionsverhandlungen stocken.

Rot-Grün – wo geht es hin? Bild: dpa

HANNOVER taz | Bei den rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Niedersachsen hakt es. Ursprünglich wollten SPD und Grüne ihre Themen mit der dritten Koalitionsrunde am Dienstag ausverhandelt haben, um als nächstes die Ressortzuschnitte und Personalien anzugehen. Stattdessen stehen zunächst wieder inhaltliche Fragen an. Probleme machen vor allem die Bereiche Umwelt und Verkehr. Insbesondere bei den Autobahnneubauten gibt es keinen Konsens.

„Wir sind uns einig, dass wir uns einig sein müssen“, hatte Niedersachsens designierter Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) schon vor der ersten Runde erklärt. Binnen 30 Tagen nach der Wahl muss laut Landesverfassung die neue Regierung vereidigt werden.

Spätestens Sonntag wollen die Neukoalitionäre ihre Verhandlungen abschließen. Nicht nur das zwingt sie zu Einigkeit. Sie haben im Landtag nur eine Stimme Mehrheit. Deshalb dürfte schon die Wahl des Ministerpräsidenten in geheimer Abstimmung zur ersten Bewährungsprobe werden.

Man müht sich in Hannover also um Harmonie. Strahlend zeigen sich die Verhandlungsführer, bei den Inhalten bleiben sie schmallippig. Höchste Transparenz hatte Rot-Grün angekündigt. Jetzt dringt aus ihren Runden wenig nach draußen.

Studiengebühren fallen weg

Zügig ausgehandelt waren die Themen Bildung, Wissenschaft, Inneres, Justiz und Soziales: Die Studiengebühren sollen fallen, wenn die Frage der finanziellen Kompensation geklärt ist. An Gesamtschulen will man wieder das Abi nach 13 Jahren einführen. Die Flüchtlingspolitik soll „spürbar humanitärer“ werden. In der Innenpolitik haben die Grünen einen Großteil ihrer Forderungen durchgesetzt. Für Polizisten soll eine anonymisierte Kennzeichnungspflicht gelten. Zudem soll eine unabhängige Beschwerdestelle außerhalb der Polizei geschaffen werden.

Und selbst in der Landwirtschaftspolitik, wo die Grünen weg von der Agrarindustrie wollen, während die SPD um Arbeitsplätze bangt, zeichnet sich Einigkeit ab: Der Verbraucherschutz soll gestärkt, Massentierhaltung eingedämmt werden. Rot-Grün will nachhaltige Landwirtschaft und bäuerliche Familienbetriebe fördern.

Zugeständnisse mit Symbolkraft werden die Grünen hingegen beim Verkehr machen müssen: Hier pocht die SPD auf neue Straßen – auch die geplante Küstenautobahn A20 und die A39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg, gegen die die Grünen seit Jahren protestieren. Jetzt hoffen sie intern, dass ein Einlenken ohne Folgen bleibt: Die Projekte könnten sich womöglich von selbst erledigen – denn die Finanzierung ist unklar.

Verhandlungsgeschick fordert jedoch die Gorleben-Frage: SPD und Grüne sind sich zwar einig, dass der Salzstock in Niedersachsen nicht als Atommüllendlager geeignet ist. Das im Koalitionsvertrag unterzubringen, wird allerdings ein Kunststück: Weil hat schon früh gefordert, Gorleben aus einer bundesweiten Endlagersuche auszuschließen. Die Grünen dagegen sind an einen Bundesparteitagsbeschluss gebunden, nach dem Gorleben nicht von vornherein, sondern anhand strenger Kriterien im Suchverfahren wegfallen soll. An einer Formel, die diese Punkte ohne Gesichtsverlust auf einer der Seiten verbindet, wird noch gefeilt.

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