■ Rosi Rolands Bremer Klatschgeschichten: Scherf-Partei Deutschlands
Wollt ihr den totalen Krieg über die Weser, fauchte mich gestern eine Kollegin von einer privaten Reinigungsfirma an. Sie wohnt in der Neustadt und ist da in der SPD. Wieso Krieg, fragte ich irritiert. Und dann erzählte sie, dass es um die Position des SPD-Landesvorsitzenden gehe, und in besseren Kreisen in der Neustadt empfinde man es offenbar, nach dem, was sie gehört hatte, als „Kriegserklärung“, dass jemand aus Hastedt dem Detlev seine Position streitig machen wolle.
Nun kommt mal auf den Teppich, wir Reinigungsfrauen sind doch nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, hab' ich ihr gesagt. Es gibt doch nicht mehr die Konkurrenz „Unterbezirk West gegen Unterbezirk Ost“ in der Bremer SPD. Früher hätte diese Konstellation sofort einen Streit „linker Flügel“ gegen „rechten Flügel“ provoziert, aber Flügel gibt es ja nicht mehr in der SPD. Beide Kandidaten sind in ihrem Herzen gegen die Koalitionspolitik mit der CDU, stimmen aber seit Jahren dafür, weil die Parteidisziplin das erfordert.
Also kann es nur um „Ihr da oben – wir hier unten“ gehen, sage ich weiter. Ist der Joachim Schuster nicht wie einer von uns? Der muss doch auch zu Hause Hand an den Schrubber legen. Kannst du dir das von dem feinen Professor vorstellen? Der tut auch in der Partei zu wenig, sagt unser Schuster, die SPD ist doch die Partei der kleinen Reinigungsfachkräfte, nicht eine Abkürzung von „Scherfanhänger-Partei Deutschlands“.
Aber da gibt es auch einige, konterte meine Freundin von links der Weser, die in den letzten Jahren unter dem Joch des Rathauses nicht das geworden sind, was sie gerne geworden wären. Die politische Begründung sei vorgeschoben, weil man eine Gegenkandidatur ja nicht nach außen als „BdK“, Bündnis der Zu-kurz-gekommenen, verkaufen könne.
Der Ortsverein Neustadt hat den Amtsinhaber Detlev Albers einstimmig nominiert, der Ortsverein Hastedt den Bürgerschaftsabgeordneten Joachim Schuster, wie sollen wir uns da entscheiden, seufzte sie ratlos.
Aber du warst offenbar nicht bei deiner Ortsvereins-Sitzung, konnte ich da triumphieren. Unser Kandidat rechts der Weser hat die einstimmige Unterstützung seines Ortsvereins, links der Weser wurde auf der Sitzung der Genossen diese Woche aber klar gemacht: Unterstützt wird Albers nicht einhellig in seinem Ortsverein. Da sitzen einige Lobbyisten von uns.
Auch bei den Delegierten aus seinem eigenen Ortsverein hat der Landesvorsitzende nur halbe Unterstützung. Die Frage, ob sein eigener Ortsverein seine Kandidatur auch unterstütze, solle er vorsichtshalber nicht stellen, rieten ihm seine Gegner-Genossen. Das würde eher peinlich enden für ihn.
In der Zeitung stand aber, Albers sei einstimmig nominiert worden, sagt meine Freundin. So verarscht man uns einfache Leute, findet Ihre Rosi Roland
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