■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: The best of Elke Kröning
Ältere Damen dürfen es als ihren Vorteil begreifen, daß sie vielleicht nicht mehr so beweglich sind, aber dafür ein Gedächtnis haben. Die Krönings und die Scherfs, daß sind in Bremen über Jahre gut gepflegte Feindschaften gewesen. Und einen Tag vor Scherfs Wahl-Parteitag ist alles vergeben und vergessen?
Ein Henning Scherf vergißt nie. Auch er erinnert sich gut, daß er 1995, kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten des Senats, ein paar offene Worte über Bremens Finanzlage redete. Elke Kröning giftete: „Dieser geschwätzige Umgang mit bremischen Interessen disqualifiziert den Präsidenten des Senats.“ In derselben Zeit präsentierte sich Arbeits- und Häfensenator Uwe Beckmeyer ganz positiv in der Bild-Zeitung mit großem Foto unter der Überschrift: „So rette ich die Bremer Werften.“ Kröning dazu: „Das seriöseste an dem Interview ist der Anzug von Beckmeyer.“
AfB-intern ließ Elke Kröning keine Gelegenheit aus, auf Scherf und die SPD zu schimpfen. Seinen Steuermann, Staatsrat Reinhard Hoffmann, wollte sie 1996 aus dem Amt treiben. Scherf selbst schrieb sie 1997 die volle Verantwortung für den Justizskandal zu: „Herr Scherf war über die Mißstände in Oslebshausen informiert und hat nicht gehandelt.“ Sie verlangte seinen Rücktritt als Justizsenator: „Scherf ist in die politische Verantwortung gewählt und darauf vereidigt worden.“
Die Bürgerschaftsprotokolle sind voll von solchen gehässigen Bemerkungen über die beiden, die sich nun als neue Freunde präsentieren. So spielt das Leben, aber die Frage muß erlaubt sein: Wem nützt das? Es nützt natürlich dem SPD-Spitzenmann. Amtsvorgänger Klaus Wedemeier konnte die AfB-Gründung nicht verhindern und trägt damit die Schuld an dem Wahldebakel von 1995. Er, Henning Scherf, drückt die Wählergemeinschaft AfB wieder ins Nichts, Elke Kröning sei Dank.
Aber was hat sie davon? War die Umarmung mit Scherf ganz selbstlos? Ältere Damen wissen, daß Frauen falsch sein können – und treu. Elke Kröning hat mit ihrem „Verrat“ vor vier Jahren den Namen „Kröning“ in der SPD unmöglich gemacht. Nicht wenige Genossen hätten, den Vorwurf der Sippenhaft nicht scheuend, den Bundestagsabgeordneten Volker Kröning bei der letzten Kandidaten-Kür gerne durchfallen lassen. Ihr Kniefall vor Henning Scherf gibt dem Namen „Kröning“ in der SPD also wieder einen guten Klang, der ihm nützen wird, verspricht Ihre Rosi Roland
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen