Rosa Shoppen: Alexa sucht Liebhaber

Fünf Wochen vor ihrer Eröffnung hat sich Alexa herausgeputzt. Die Shopping-Mall am Alex geht auf Bräutigamschau. Bislang vergebens. Die taz stellt neun BerlinerInnen vor, die Alexa gern eine Chance gegeben hätten. Sie brachten es nicht über ihr Herz

Wilhelm von Boddien: So richtig begeistert bin ich noch nicht, auch wenn die Gliederung der Fassade nicht uninteressant ist. Schade nur, dass sie keine Fenster hat. Aber das soll wohl mit dem marktschreierischen Rosa ausgeglichen werden. Der Bau wirkt ansonsten sehr solitär, sehr kommerziell. Mit dem Art déco habe ich keine Probleme, in Berlin ist jeder Stil zu Hause.

Kaum ein Bauwerk hat es geschafft, die Berliner schon vor seiner Fertigstellung dermaßen zu polarisieren wie die Alexa. Am 12. September wird das neue Einkaufszentrum mit seinen 180 Geschäften zwischen Alexanderplatz und Jannowitzbrücke eröffnen. Und schon

jetzt gibt es nur einer Reaktion: Das hässliche Ding!

Das kann doch nicht sein, sagte sich die taz - und suchte verzweifelt nach Liebhabern für die arme Alexa. Es hätte eine wunderbare Seite mit dem Titel "Wir bekennen: Die Alexa ist schön" werden können.

Leider vergebens. So blieb uns nichts anderes, als die bittere, ungeschminkte, schweinchenrosa Wahrheit abzudrucken. Aber vielleicht findet sich ja unter unseren LeserInnen noch ein Ästhet, der die Alexa zum Traualtar begleiten möchte. Zuschriften, gerne auch vertraulich, bitte an berlin@taz.de.

Wilhelm von Boddien ist Geschäftsführer des Fördervereins zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses

Philipp Oswalt: Ich bin sprachlos.

Philipp Oswalt leitet das Projekt Schrumpfende Städte der Bundeskulturstiftung.

Bruno Flierl: Wenn es etwas Gutes an der Alexa gibt, dann das, dass das ursprünglich dazugehörende Hochhaus noch nicht gebaut wurde. Das würde nämlich, wenn man von der Karl-Marx-Allee kommt, die Sicht auf den Fernsehturm verstellen. Das wäre eine Art visuelle Entsorgung, von der ich aber befürchte, dass sie noch kommt. Offenbar hat der Investor das Hochhaus noch nicht abgeschrieben. Die Alexa selbst, was soll ich sagen: Es ist unberlinisch, ohne Gefühl, ohne Verstand, ohne gestalterische Qualität, einfach das Letzte.

Bruno Flierl ist Architekturkritiker und Autor

Oliver Roser: Die ersten Entwürfe für die Alexa waren schlichter, nicht so von dieser schreienden Fernwirkung. Ich habe versucht, die Alexa mehr an die Umgebung des Ortes anzupassen. Aber Sonae ist ein wilder, frecher, fröhlicher Investor. Das wird man erst recht an der Innenarchitektur sehen, für die ich nicht verantwortlich bin. Ich glaube schon, dass die Alexa beim Publikum ankommen wird, auch wenn mir die Farbe auch nicht gefällt. Aber die wird auch wieder verblassen. Ebenso der Eindruck des Art déco, mit dem man in Berlin noch keine Erfahrungen hat.

Oliver Roser ist Architekt und hat die Alexa für den Investor Sonae entworfen

Amelie Deuflhard: So langsam sollen wir uns wohl daran gewöhnen, dass die Innenstadt verschandelt wird. Vielleicht ist das ein erster Auftakt für das Schloss. Eigentlich mag ich keine Fassaden. Die besten Fassaden gab es in der Fassadenrepublik im Palast der Republik. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht langsam zum Gespött machen.

Amelie Deuflhard war Kuratorin von Zwischenpalast-Nutzung und ist nun Intendantin der Kampnagelfabrik in Hamburg

Annette Ahme: Gelungen ist die Alliteration mit der S-Bahn. Die Alexa nimmt den Bogen auf. Es ist immer besser, wenn sich ein Bau in die Umgebung fügt, als dass man irgendeine Schuhkiste hinstellt. Ob mir der Bau und die Farbe, so ein Schweinchenrosa, gefallen, kann ich noch nicht abschließend sagen.

Annette Ahme ist Mitglied der Gesellschaft Historisches Berlin

Georg: Ich ahnte, dass es hässlich wird. Aber dass es so schlimm kommen würde! Keine Kostbarkeit, keine Eleganz und schon gar keine Sinnlichkeit erblickt man dort. Gut, die Stärke der Farbe haben sie getroffen. Die Formensprache Peter Behrens völlig ignorierend [], klatscht man Fertigteile, gegossen wohl wie ehemalige DDR-Plattenbauteile, an die Fassade. Das sieht nicht nach Art déco aus, sondern nach Friedrichstadtpalast. Wenn dieses Sammelsurium an Retro-Art-déco fertiggestellt sein wird, werden wir uns dafür schämen.

Georg ist Blogger bei Hauptstadtblog.de, einem der vielen Internetforen, in dem die Alexa diskutiert wird.

Klaus Staeck: Philosophisch betrachtet ist Schönheit der Glanz des Wahren - nicht der Waren. Es fällt mir schwer, "Schönheit" in einer möglicherweise überflüssigen neuen Shopping-Mall zu entdecken, deren äußeres Erscheinungsbild so einladend wirkt wie ein dunkelrosafarben gestrichener Hochbunker. Wirklich getroffen hat es die Bewohner der Plattenbauten in der Alexanderstraße, die sich jetzt vis-à-vis einer beinahe fensterlosen Monumentalplatte wiederfinden. Zu fragen bleibt auch, welchen Sinn die allgemeine Vermehrung von Verkaufsfläche bei schleichender Reduzierung des Personals und exzessiver Ausdehnung der Verkaufszeiten bis in die Nachtstunden ergeben soll. Mir genügen schon die übrigen Möglichkeiten und Verführungen, Zeit totzuschlagen. Alexa - aus uns wird wohl nichts werden.

Klaus Staeck ist Präsident der Akademie der Künste

Elmar Kraushaar: Alexa, das ist ein Albtraum. Wie kommt man überhaupt auf die Idee, so einen Bunker zu bauen? Selbst die Farbe vertuscht eher, als dass sie etwas zeigt. Das ist ein Schlüpferrosa, das will man doch nicht sehen auf der Straße, oder?

Elmar Kraushaar ist Autor und Publizist

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