: Rosa Granit beim Kanzler
■ Initiative fordert Denkmal für schwule NS-Opfer / Aktivisten wollen Verfolgungen nach 1945 nicht ausklammern
Den idealen Ort hat Ewald Kentgens schon ausgeguckt: Mitten im Tiergarten soll nach den Vorstellungen des jungen Architekten das „Schwulen-Denkmal“ einmal stehen. „Hier treffen sich Schwule seit über hundert Jahren, hier stand Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft, und hier wird einmal das Kanzleramt residieren“, schwärmte Kentgens am Freitag abend im Schwulen Museum, wo sich die neugegründete „Initiative Schwulen-Denkmal“ erstmals der Öffentlichkeit stellte.
„Bis heute hat der deutsche Staat kein eindeutiges Schuldbekenntnis für die Schwulenverfolgung in der NS-Zeit abgegeben“, begründete der Abgeordnete Albert Eckert (Bündnis 90/Grüne) die „Initiative von Privatpersonen“, die außer ihm noch von Christoph Vogtherr und Detlev Pusch getragen wird. Bis zu 20.000 homosexuelle Männer wurden ihren Angaben zufolge im KZ ermordet. Um der Szene nichts „Unerwünschtes vorzusetzen“, machten die vier keine genauen Angaben oder stellten gar einen Zeitplan auf. Ihr einziger Wunsch: Der Staat soll einen Wettbewerb ausschreiben und das Denkmal finanzieren.
Obwohl, wie Albert Eckert selbstkritisch anmerkte, Schwule im „Dritten Reich“ nicht nur Opfer, sondern auch Täter gewesen seien, hatten die etwa zwanzig Besucher der Veranstaltung gegen ein Schwulen-Denkmal grundsätzlich nichts einzuwenden. Um Einzelfragen gab es jedoch heftige Diskussionen. So verlangte Walther Weihrauch vom Schwulenmagazin magnus, auch der Verfolgung nach 1945 zu gedenken, als der Paragraph 175 nach wie vor Schwule in den Knast brachte. „Die Leiden im Faschismus waren einmalig“, wurde gekontert. Andere schlugen vor, den schwulen und lesbischen Opfern gemeinsam zu gedenken. „Wir stehen dem offen gegenüber, wollen aber keine Stellvertreterpolitik machen“, erwiderte Detlev Pusch. Der Historiker Joachim Müller gab zu bedenken, daß sich nach dem wissenschaftlichen Forschungsstand die Situation von Lesben und Schwulen in der NS-Zeit nicht vergleichen ließe.
Neu sind die Argumente nicht. Bereits 1992 hatte sich das „Berliner Schwulenplenum“ als Reaktion auf das geplante Mahnmal für die jüdischen NS-Opfer am Pariser Platz für ein eigenes Monument stark gemacht. Nachdem jedoch allein der Bund der Antifaschisten Unterstützung signalisiert hatte, schlief die Initiative ein. „Wir werden vorerst keine großen Öffentlichkeitsaktionen starten“, zog Albert Eckert daraus die Konsequenz. Genauso wichtig wie das Denkmal sei der Diskussionsprozeß, der zu seiner Errichtung führen könnte. Micha Schulze
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