Romanisten-Brief gegen Streichkonzert: „Unstudierbarkeit“ oder „Besitzstandswahrung“
Ein letztes Aufbäumen gegen die Sprachnot
Die – längst beschlossenen – Sparvorgaben des Bremer Bildungssenators für die Universität gefährden die Studierbarkeit des Fachs Romanistik. Das schreiben jetzt ProfessorInnen des Fachs in einem Offenen Brief an Bildungssenator Willi Lemke (SPD).
Michael Wendt, Angehöriger der Fachkommission Romanistik und Mitverfasser des Briefs, sagt, dass sich zukünftig die rund 850 eingeschriebenen Französisch-, Italienisch-, Spanisch-, Portugisisch-, Katalanisch-StudentInnen nur noch einen einzigen Professor für Sprachwissenschaften teilen müssten und damit das Studieren kaum noch möglich sei. Noch verteilten sie sich immerhin auf zwei Sprachwissenschaftler, erklärt Wendt.
Der Überfüllung dieses Zweigs ausweichen können sie nicht: Die Prüfungsordnungen verlangen von ihnen sprachwissenschaftliche Leistungen. Zwar sei im Gespräch, die eine Sprachwissenschaftsstelle höher zu dotieren und besser auszustatten, dennoch bleiben Einwände: „Französische oder spanische Sprachwissenschaften sind nicht das Gleiche“, sagt Elisabeth Arend, Professorin am Fachbereich.
Entwicklungplaner: „Prüfungsordnungen sind nicht gottgegeben“
Dass ihr Zweig „Sozialgeschichte und Landeskunde“, der eine Bremer Besonderheit ist und im Rahmen einer Uni-Evaluation mit Lob bedacht wurde, auch weiterhin nicht mit einer Professur ausgestattet werden kann, frustriert die RomanistInnen zusätzlich.
Christoph Bäuml, als Entwicklungsplaner der Uni für die Umsetzung der Sparauflagen in Form des Hochschulentwicklungsplans (HEP IV) verantwortlich, hält dem Protestbrief entgegen, dass ein Sprachwissenschaftler in der Romanistik problemlos für alle Sprachen zuständig sein könne: Romanisten seien immer in mindestens zwei oder drei Sprachen zu Hause. Er fügt hinzu: „Der Protest entlarvt sich als das, was er ist: Besitzstandswahrung.“
Die Anforderungen durch die Prüfungsordnungen läßt er nicht gelten: „Prüfungsordnungen sind nicht gottgegeben. Die kann man ändern.“ Dass dadurch die Qualität gerade in der LehrerInnen-Ausbildung schlechter werde, befürchtet er nicht: Mehr Scheine würden schließlich nicht automatisch eine höhere Qulität garantieren.
Studenten sagen: „Irgendwie“ kann man alles studieren
Tim Cordßen, Studierenden-Vertreter im Akademischen Senat, geht davon aus, dass die Romanistik „irgendwie studierbar bleibt“. Die Frage sei nur, wie. Dass der Akademische Senat die von Lemke angeordneten Einsparungen umsetze, statt zu blockieren, begründete er damit, dass auf diese Weise „kein einziger Fachbereich geschlossen werden muss“. Ansonsten hätte die Bildungsbehörde selbst festgelegt, welche Professuren gestrichen werden sollen.
Im Rahmen des Hochschulentwicklungsplans (HEP IV) muss die Universität bis zum Jahr 2010 zusätzlich zu noch nicht erbrachten Sparvorgaben weitere zwölf ProfessorInnen-Stellen streichen.
Ergebnis: Von jetzt knapp 330 ProfessorInnen bleiben dann noch 286.
Ulrike Bendrat
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