Rom entscheidet über Berlin: Erzbischof darf in den Ruhestand
Papst Benedikt XVI. nimmt das Rücktrittsgesuch des kranken Berliner Bischofs Georg Kardinal Sterzinsky an. Seine Nachfolge ist noch offen.

Eigentlich wollte man das alles vermeiden - doch nun hat sich der Papst doch entschieden, einen harten Schnitt zu setzen: Obwohl der schwer erkrankte Berliner Erzbischof, Georg Kardinal Sterzinsky, noch im künstlichen Koma liegt, hat Benedikt XVI. dessen Rücktrittsgesuch angenommen. Sollte Sterzinsky noch einmal aus dem Koma erwachen, wird er kein Erzbischof mehr sein, vielleicht wird er sogar schon einen Nachfolger haben.
Das ist so ungewöhnlich wie die ganze Lage: Zwar hat Sterzinsky, wie es bei Bischöfen der katholischen Kirche üblich ist, kurz vor seinem 75. Geburtstag Anfang Februar formell dem Papst seinen Rücktritt angeboten. Insofern ist alles seinen gewohnten Gang gegangen. Der Papst hätte den Erzbischof aber auch, was ab und zu vorkommt, noch fünf Jahre lang im Amt lassen können - gerade weil der Pontifex Maximus im September nach Berlin reist. Denn dieser Papstbesuch wäre für Sterzinsky der krönende Abschluss seiner 21-jährigen Amtszeit geworden.
Gerade weil Sterzinsky aber seit Monaten krank ist, war ziemlich klar, dass er wohl nicht noch länger im Amt bleiben wird. Allerdings scheute man in Rom davor zurück, Sterzinsky vom Krankenbett aus in den Ruhestand zu versetzen, zumal wohl unsicher ist, ob er das überhaupt mit bekommt. Nun aber drängt die Zeit. Man will offenbar noch bis zum Papstbesuch einen neuen Erzbischof installieren.
Sterzinskys Amtszeit hatte spektakulär begonnen. Der gebürtige Ostpreuße war erst wenige Monate im Amt, als die Mauer, die sein Bistum teilte, fiel. Am 9. November 1989 war er sogar gerade auf dem Weg zu seinem Antrittsbesuch in Rom. Zuvor hatte er in der DDR eine katholische Bilderbuch-Karriere gemacht, samt einer langen Zeit als Pfarrer in Jena, seine vielleicht beste Zeit. Sterzinsky stieg auf in der Hierarchie, dennoch überraschte seine Berufung an die Spree im Juni 1989. Der fromme, stille Mann passte nie so ganz zu der eher unfrommen, lauten Stadt Berlin.
So ungewöhnlich die Umstände seines Amtsantritts, so ungewöhnlich sind die Umstände seines Ausscheidens aus dem Amt. Binnen acht Tagen muss Weihbischof Matthias Heinrich nun das Domkapitel einberufen. Diese sieben Geistliche werden Vorschläge nach Rom schicken, wer Sterzinsky Nachfolger werden könnte. Der Vatikan schickt eine Dreierliste zurück. Er kann die Vorschläge des Domkapitels berücksichtigen, muss es aber nicht. Aus der Dreierliste wählt das Kapitel dann üblicher Weise den neuen Erzbischof aus. Wahrscheinlich wird jemand nach Berlin berufen, der in einem anderen Bistum schon Bischof ist. Das Rennen gilt in Kirchenkreisen als offen. Im Gespräch sind unter anderem Erzbischof Marx (München), Bischof Tebartz-van Elst (Limburg), Erzbischof Schick (Bamberg) und Bischof Bode (Osnabrück).
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!