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Rollenbilder in "Bravo Girl"Alles, was der Junge begehrt

Die Grüne Jugend empört sich über sexistische Witze im Mädchenmagazin "Bravo Girl" - ohnehin einer Zeitschrift mit fragwürdigen Rollenbildern.

"So cool wird 2008" - aber nur ohne Achselbehaarung Bild: Screenshot www.bravo.de

Janina ist zwölf und hat nur ein Ziel: endlich einen Freund. Wie sie den bekommt, erfährt sie aus der Bravo Girl. Eine Beziehung mit deinem Traumboy ist machbar, lautet das Credo des Magazins. Aber es hängt natürlich von dir ab, Schätzchen - von deinem Outfit, von deinen Haaren, deinem Make-up. Janina lernt: Der Weg zum Jungen der Träume ist hart und erfordert stetes, diszipliniertes Arbeiten am eigenen Körper. Zum Glück liefern die Girl-Redakteure ihr eine detaillierte Anleitung.

Witze des Anstoßes

"Was haben Mädchen und Kreissägen gemeinsam? Wenn man abrutscht, ist der Finger im Arsch." Über diese und andere üblen Witze lachen Jungs. Das glauben Redakteure der Mädchenzeitschrift Bravo Girl in ihrer Novemberausgabe. Ein anderer Scherz: Sagt ein Mann zu seinem Freund: "Ich habe meiner Frau eine Gasmaske zum Geburtstag geschenkt." Freund: "Eine Gasmaske?" - "Ja, erstens sieht sie damit besser aus, und wenn ich den Stöpsel zuhalte, dann zappelt sie so schön beim Sex." Für die Grüne Jugend war mit diesem Witz und ähnlichen "Lieblingswitzen" eine Grenze überschritten. In einem offenen Brief warf die Partei dem Bauer-Verlag ein "fatales Frauenbild" vor. Solche Scherze seien ein Aufruf an junge Mädchen, "sich und ihr Geschlecht der Lächerlichkeit preiszugeben", und führten zur Verharmlosung sexueller Gewalt. Verlag und Redaktion der Bravo Girl sind auf Nachfrage der taz nicht zu einer Stellungnahme bereit.

"Ein Junge möchte über deine nackten Beine streichen können und nichts als weiche, glatte Haut spüren. Also, egal wie hell deine Beinbehaarung ist: Mach sie weg!", wird ihr auf der Doppelseite "Pflege dich zum Traumgirl" geraten. Beim Thema Achselbehaarung wird der Ton noch dringlicher: "Ein Traumgirl hat dort nie, nie, niemals Haare." Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass Janina hieran Zweifel hegen sollte, wird warnend hinterhergeschickt: "Auch kleine Stoppelchen, selbst wenn sie nur ein paar Millimeter lang sind, törnen Jungs ab." Da ist es, das Argument, das keinen Widerspruch duldet. Was dem Jungen nicht gefallen könnte, hat man zu unterlassen. In einem Mädchenmagazin ist der Junge der Maßstab. Seine Wünsche sind die Hoheitsinstanz für alle elementaren Fragen: Was ziehe ich an, wie muss ich mich im Bett verhalten? Janina kauft Pflegeshampoos, teure Stiefel, falsche Wimpern - alles, was der Mann begehrt.

Wenn Janina mal einen One-Night-Stand haben sollte, ist sie übrigens "noch lange keine Schlampe". Schließlich ist sie emanzipiert. Ein bisschen jedenfalls. Denn: "Wenn das Mädchen unrasiert ist, bin ich echt abgeschreckt", wird der 14-jährige Samuel in der aktuellen Ausgabe zitiert. Eine klare Botschaft.

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12 Kommentare

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  • T
    Tesoro

    Ich fand den Artikel in der taz lesenswert und zutreffend.

  • R
    Rudi1976

    Aber der Witz mit der Kreissäge ist lustig!

  • KB
    Katharina Borchert

    Danke für den Artikel (zu kurz, viel zu kurz). Ich hätte Bravo Girl im Leben nicht für ein derartig abschreckendes Erzeugnis gehalten. Die verharmlosenden Kommentare einiger Leser sind mir wirklich schleierhaft. Der Druck auf Frauen jeden Alters, in erster Linie durch gutes Aussehen zu punkten, ist sowieso schon viel zu hoch. Es ist geradezu kriminell, das jungen Mädchen auf dem Weg in die Pubertät einzutrichtern.

  • 3G
    372 (Profil gelöscht)

    Tja, wenn man immer alles "an sich" verurteilt, wie in dem Artikel geschehen, dann kann man leider nicht mehr politisch sein. Ich fands richtig, dass Grüne und Grüne Jugend da hingeschrieben haben, die Witze waren wirklich daneben (hat die Autorin des Artikels diese überhaupt gelesen?)

     

    Der Bravo vorzuwerfen, sie trage nichts zu einer Dekonstruktuierung klassischer Geschlechterrollen bei, mag ja auch in der Tendenz richtig sein, aber man darf da auch nicht vergessen, dass sie viel posititives bringt, zB Sex-Aufklärung für Kinder und Jugendliche. In Zeiten von HIV/Aids sehr wichtig.

  • CS
    Christian S.

    Also ich muss auch sagen, dass mich der Artikel schon seht schockiert hat. Und das mit 25 Jahren und 2 Promille... :-/ Ob es nun die Bravo "Girl" ist, die "normale" Bravo, oder sonst irgendein Teeny Magazin ist... Ich kann nicht verstehen warum man in der heutigen Gesellschaft immernoch nur EIN EINZIGES Bild von richtig oder falsch formulieren kann... Ich finde es eine Schande das man 14. jährigen Mädels suggeriert, " ihr werdet nur gemocht wenn ihr den Wünschen der Jungs entsprecht" wohingegen ich persönlich bei Frauen Achselhaare auch alles andere als atraktiv finde. Nur bin ich der Meinung das generell heute VIEL ZU VIEL wert auf das Äußere gelegt wird. Achselhaare rasieren gehört für mich zur Körperpflege, aber das auch erst seit dem 18, 19 oder 20. Lebensjahr. Mit 13, 14, 15 hab ich mir darum wahrlich keine Sorgen machen müssen! Also irgendwas läuft heute verkehrt!!!

  • M
    markus

    Was da in Bravo-Girl steht ist zwar wenig überraschend und dennoch skandalös. Man darf nicht vergessen, dass die Zielgruppe dieses Magazins sich noch keine kritische Meinung über diese Texte machen kann - sondern sich eher an diesen sogenannten Tipps orientiert.

     

    Wer ein derartiges Frauenbild nicht klar verurteilt ist entweder naiv oder dumm!

  • BM
    blattlausius mirkona

    Also entschuldigung, woot und Hogo, aber natuerlich ist dieses Thema des Aufregens wert. Natuerlich macht Schminken Spass und gehoert in dem Alter vielleicht dazu, aber die Zeitschrift suggeriert schon sehr stark, dass etwas mit mir falsch ist, wenn ich den ganzen Klimbim nicht mitmache. Und in dem Alter schafft man es vielleicht nicht, die formulierten Ansprueche zu relativieren. Wieso wird nicht erwaehnt, dass es manchen Maennern auch egal ist, ob Beine und Achseln immer rasiert sind, dass manche Maenner selbstbewusste Frauen attraktiv finden und dass es vielleicht auch noch andere Ziele gibt als sich einen tollen Freund zu angeln? Diese Zeitschriften sind in dieser Hinsicht schon sehr "monokulturell", auch wenn sie Aufklaerungsfunktionen erfuellen moegen. Und natuerlich hat sich das simple Frauenbild verselbstaendigt, niemand wuerde behaupten, da stecke nur eine boese Maennermafia dahinter.

  • T
    tollschocken

    Was sind denn nun die Probleme der Grünen Jugend? Sind das RasurverweigerInnen? Eigentlich ist es aber auch wurscht, was eine quasi nicht-existende Bewegung meint. Und der Rest vom Artikel erscheint mir auch mehr als Lückenfüller vor den Festtagen.

  • A
    Antifa

    Also ich hab gerade mal die Homepage der Bravo Girl geöffnet , und musste mir erstmal ein Bundeswehr Pop up Anschauen, auf dem für ein Gewinnspiel geworben wurde . Jenes konnte man auch nicht entfernen .

  • H
    Hogo

    Frau Stille. warum meinen Sie, die Rolle der Frau wäre von einer maskulin dominierten Gesellschaft festgelegt? Hat sich diese denn nicht eher, und das schon vor Urzeiten, verselbstständigt? Empfindet die Frau und das Mädchen denn keinen Spaß beim schminken?

    Oder wollten Sie sich nur beschweren, dass gerade erst sexuell reif gewordene Mädchen aus ihrem unbeschwertem, vermeintlich keinen Zwängen unterworfenem, sexualitätsfreiem (psychologisch längst widerlegt) Leben gerissen werden?

  • C
    cato.u

    Dass die Artikel in der Taz auch immer so kurz sind. Interessantes Thema. Aber irgendwie ist man unbefriedigt, man hat sich gerade warmgelesen und schon ist es wieder vorbei - man sollte bei dem Thema noch weiter ausholen.

  • W
    woot

    Alle Anweisungen stehen doch unter der Prämisse, attraktiv sein zu wollen. Will man das nicht, so muss man sie nicht befolgen. Daher verbleibt im Rahmen der Ratschläge immer eine echte Wahlmöglichkeit. Somit ist der Vorwurf des "bevormundend Druckmachens" oder wie man es auch nennen will, unzutreffend.

     

    In Ihrer Zeitung wird sich erstens zu oft und zweitens über die falschen Dinge aufgeregt.