Rockband Måneskin in Berlin: Richtige Attitüde im Vintage-Outfit
So sollte Rock 2023 aussehen: Die italienische Band Måneskin besticht bei ihrem Konzert in Berlin durch eine sexuell aufgeladene Bühnenshow.
M åneskin ist momentan eine der angesagtesten Rockbands, sie spielen in ausverkauften Hallen in ganz Europa, am Montag in der Berliner Mercedes-Benz-Arena. Der Auftritt ist fantastisch, vielleicht sogar ein Vorbild dafür, wie die Rückkehr des Rock ins 21. Jahrhundert gelingen kann.
Das Konzert geht direkt los, ohne viel Ankündigung stehen die vier Mitglieder von Måneskin da, alle geboren zwischen 1999 und 2001. Klang und Ästhetik sind an den Glamrock der 1970er angelehnt, an das breite Spektrum des Rock ‚n‘ Roll im Allgemeinen. Die Besetzung ist mit Gitarre, Bass, Drums und Gesang klassisch, das Equipment mit Marshall-Verstärkern und Fender-Strat-Gitarre ebenso.
Die Outfits der Musiker:innen sehen auf unterschiedliche Art nach Vintage aus: Sänger Damiano David im beigen Anzug mit kahlrasiertem Kopf und Ohrringen könnte einem italienischen 50er-Jahre-Film entsprungen sein. Gitarrist Thomas Raggi mit roter Schlaghose und hellem Hemd würde auch als Mitglied von The Kinks oder vielleicht sogar der frühen Beatles durchgehen.
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Die Bassistin Victoria de Angelis erinnert mit ihrer 70er-Jahre-Frisur, hohen Stiefeln und einem Lackanzug an Suzi Quatro. Ethan Torchio mit langen schwarzen Haaren hinter dem Schlagzeug könnte die beginnende 80er-Metal-Szene mit seinen Looks mitgeprägt haben. Alle wichtigen Rockjahrzehnte sind vorhanden.
Provokant am Rocken
Måneskin waren kurz nach ihrem Gewinn beim Eurovision Songcontest 2021 die Vorband der Rolling Stones. Dass deren provokante Attitüde Einfluss hatte, merkt man. „You little fuckers, make some fucking noise!“, fordert der Sänger das Publikum auf. Am Anfang rocken die Leute noch zögerlich mit.
Aber die Band liefert ab, bis selbst die popkonzertgewohntesten Zuschauer:innen auf den Sitzplätzen locker werden und ihre Zurückhaltung Begeisterung weicht. Beim ESC-Gewinner-Track „Zitti E Buoni“ sind viele sogar in italienischer Sprache textsicher.
Es geht – wie einst bei den Stones auch – sexuell zu: Die Spannung der Bandmitglieder untereinander, wenn sich de Angelis und Raggi übereinanderknien, während sie weiter Bass und Gitarre spielen.
Wie sich Sänger David langsam, aber stetig auszieht, bis er nur übersät von seinen Tattoos vor einer Flammensäule steht, die sich passend zum Lied „Gasoline“ entzündet.
Irgendwie alt, aber irgendwie neu
Zu Ende hin steht Raggi regungslos da, geblendet vom Scheinwerferlicht, nur die Finger bewegen sich, und er spielt ein gefühlvolles Solo. Er schaut nicht in die Menge, sein Blick liegt auf seiner Gitarre oder dem Boden, er weiß, dass die Musik für sich spricht.
Måneskins Art zu Rocken erinnert an die 1970er und 80er Jahre. Den Sound und ihr Auftreten, outfittechnisch wie performend, kennt man darum. Alles scheint nicht ganz neu – ist es aber doch.
Denn die Gruppe ist jung, die meisten Rockmusiker:innen, an denen sie sich orientieren, sind in einem anderen Jahrtausend geboren als sie. Es könnte an ihnen liegen, Vorbild für andere junge Musikschaffende zu sein, bis wieder eine Welle an Rockbands Einzug hält. Nach einer Phase von zu viel Popmusik, Autotune und HipHop wäre das erfrischend.
Vorbild für junge Rockbands
Was Måneskin zudem auszeichnet ist, dass ihre sexuelle Orientierung und ihr Geschlecht so unklar wie unwichtig sind. Victoria de Angelis ist nicht „einer von den Jungs“ oder „die Frau in der Band“, sondern alle sind auf eine angenehme Art gleichberechtigte Mitglieder von Måneskin.
Das ermutigt weibliche, nonbinäre und von der Norm abweichende Musiker:innen und Fans, die sonst wenig Einladungen in die männerdominierte Rockmusikszene erhalten.
Ermutigend ist auch das Publikum. Die Leute kommen vor allem wegen der Musik, egal ob mit Glitzer-Make-up und Lederklamotten oder nicht. Und dass das okay ist, alle zusammen die Band und ihre verschwimmenden Geschlechtergrenzen feiern, ist das Gute an Rockmusik im Jahr 2023.
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