Roboter gegen Menschen beim Sport: Laufen ohne Schnaufen
In China sind Roboter einen Halbmarathon gegen Menschen gelaufen. Längst spielen sie auch Fußball oder fahren Ski. Noch sind sie oft unterlegen.
Roboter sind aus dem Alltag und vor allem der Industrie kaum noch wegzudenken. Auch im Sport nehmen sie eine immer wichtigere Rolle ein. Erstmals sind in China nun Roboter gegen Menschen einen Halbmarathon, also 21,0975 Kilometer, gelaufen.
Knapp 20 chinesische Unternehmen und Forschungseinrichtungen beteiligten sich mit ihren humanoiden Modellen am Yizhuang Halbmarathon und am gleichzeitig stattfindenden Humanoid Robot Half Marathon durch einen Tech-Stadtteil der chinesischen Hauptstadt Peking. Die Roboter liefen auf einer eigens für sie abgesperrten Strecke neben ihren menschlichen Kollegen.
Die chinesischen Ingenieure dieser Humanoiden, also Roboter, die in Aufbau und Bewegung dem menschlichen Körper nachempfunden sind, hatten ihre Figuren mit Kopf, Rumpf und zwei Beinen sowie einer Größe zwischen 75 und 180 Zentimeter entwickelt. Die schwersten Roboter wogen bis zu 88 Kilo.
Auf einem AFP-Video sieht man, wie sie teils eigenständig gingen, teils von einem nebenher gehenden Ingenieur gesteuert wurden, manche joggten gar. Einige kippten immer wieder um.„Tiangong Ultra“ hat es als erster Roboter über die Ziellinie geschafft – der zweite Roboter folgte erst knapp eine Stunde danach. Sein Entwickler Tang Jian sagte in dem Video: „Es geht nicht um die Schnelligkeit, sondern um die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Roboters.“ Man wolle sich auf eine künftige industrielle Anwendung vorbereiten.
PR für China
„Wenn unsere Roboter in der Industrie, im Handel oder im Alltag eingesetzt werden, erwarten wir dauerhafte Leistungen ohne Ausfälle“, so Tang Jian. Der Halbmarathon sei dafür ein extremer Test der Zuverlässigkeit und Stabilität. China ist auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz und Robotik führend. Einerseits ist der Roboter-Halbmarathon ein amüsantes Ereignis, andererseits auch PR für China. Denn das Land will zeigen, wie weit es in diesem Bereich im Vergleich zu anderen Ländern schon ist.
Wie Wen Wu-Tao, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Sinologie der Universität Trier, gegenüber der taz einordnet, seien sowohl Politik als auch Gesellschaft maschinellen und humanoiden Robotern gegenüber positiv eingestellt. „Es hat spätestens ein Umdenken gegeben, als ein Roboter einen Menschen bei dem Spiel AlphaGo besiegte.“ In Chinas Industriepolitik, so der Wissenschaftler, sei Robotik ein wesentlicher Erfolg.
Kaum noch wegzudenken
Gesellschaftlich seien Roboter auch aus dem Alltag in China kaum noch wegzudenken. „Roboter bereiten Kaffee am Flughafen zu, bringen Abendessen aufs Hotelzimmer und vieles mehr. Warum sollen sie nicht auch einen Halbmarathon laufen?“
Und längst gibt es auch Fußball und Basketball spielende oder Ski und Rennen fahrende Roboter. Oder sie werden bei der Sportberichterstattung zur Beschaffung von Hintergrundinformationen eingesetzt. Sie helfen den Antidopingagenturen, zudem soll es Roboter geben, die als Schiedsrichter eingesetzt werden.
Mangel an Beweglichkeit und Ausdauer
Seit 1997 gibt es die internationale Forschungsinitiative RoboCup. Laut Website ist das Ziel des jährlichen Roboter-Wettbewerbs, mithilfe einer der beliebtesten Sportarten der Welt, des Fußballs, „die Robotik und KI zu fördern“. Aber es geht sportlich um noch viel mehr. „Das ultimative Ziel von RoboCup ist es, humanoide Fußballroboter zu entwickeln, die ein Fifa-Weltmeisterteam schlagen können“, sagte Gerhard Kraetzschmar, der Vorsitzende von RoboCup, bereits vor neun Jahren. Dies wolle man bis zum Jahr 2050 erreichen.
Mit dem Menschen beim Langstreckenlauf können es die Humanoiden noch nicht aufnehmen. Mit 2:40:24 Stunden und damit rund eineinhalb Stunden später als der Sieger aus Fleisch und Blut kam „Tiangong Ultra“ ins Ziel. Auch die heutigen RoboCup-Roboter lassen darauf schließen, dass noch ein langer Weg vor ihnen liegt. Denn ihnen mangelt es noch an Beweglichkeit, Wahrnehmung oder Ausdauer eines Menschen.
Experten beklagen, dass sie durch ihre künstlichen Gliedmaßen nicht flexibel genug seien, um etwa den Ball flüssig zu schießen. Hinzu komme, dass die Codierung für Feldpositionierung und Strategie noch nicht ausgereift sei. Einfacher dürfte es sein, einen Halbmarathon oder Marathon laufenden Roboter zu entwickeln.
Neben mehreren Dutzend Robotern hatten sich nach Veranstalterangaben gut 10.000 Menschen zu dem besonderen Lauf angemeldet. Viele Läufer nahmen ihre maschinellen Mitstreiter mit Humor und applaudierten ihnen. Der schnellste Mensch schaffte die Strecke in einer Stunde, elf Minuten und 27 Sekunden.
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