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■ RitterspieleMärkte und Mythen

Farbenpracht, Waffengeklirr, Mannesstolz und hehre Damen: In Deutschland geht die Lust auf Mittelalter um. Die Fans kämpfen sich durch Wald und Flur, sie lagern nächtens im Dämmer verfallener Burgen und feiern die Wochenenden auf Großveranstaltungen durch. Sie gewinnen selbst dem stillen Nähen und Waffenbasteln im Kämmerlein Genuß ab. Über 1.000 Gruppen beziehungsweise Einzelpersonen haben manche Veranstalter mittelalterlicher Events in ihren Karteikästen. Die haben mittelalterliches Treiben gewinnbringend organisiert. „Fogelvrei Produktionen“ etwa ziehen mit mittelalterlichen Märkten samt Fans übers ganze Land. Für Nachschub sorgen Handwerker, die nach alten Techniken arbeiten, Bogenbauer, Küfer, Kostümschneider. Ritterspiele wie das „Mittelalterlich Spectaculum“ setzen Glanzlichter der inszenierten Historie.

Die mobile Phantasieshow lockt bis zu 40.000 Besucher in den Revierpark von Oberhausen oder in den Burgpark der hessischen Kleinstadt Lich. Acht Bundesländer stehen bisher auf dem Programm, und weil es gut läuft, soll künftig ganz Deutschland versorgt werden – für maximal 22 Mark Eintritt pro Person. Der Veranstalter ließ sich vom Kaltenberger Spektakel des Prinzen Ludwig von Bayern inspirieren, der seinerseits die Idee der waffenstrotzenden Spiele aus England importierte und jetzt – laut Eigenwerbung – das größte Ritterturnier der Welt organisiert.

Das kommende Jahr könnte ein Boomjahr werden, denn selbst das Marketing für Deutschlandurlaub ließ sich inspirieren. Die Deutsche Zentrale für Tourismus wirbt 1998 im Ausland unter dem Motto: „Auf den Spuren der Ritter und Fürsten“.

Über die Termine und Orte informiert der Veranstaltungskalender „Historische Feste“, Kai Homilius Verlag Berlin; zum Frühlingsanfang wieder aktuell im Buchhandel. Christel Burghoff

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