Risiko: Armutsfalle Kind
Fast jede dritte Alleinerziehende lebt unter der Armutsgrenze. SPD fordert bessere Qualifizierung durch die Job-Center. Diese finden ihre Arbeit gar nicht so schlecht.
Viele Hamburger Alleinerziehende sind von Armut bedroht. Darauf weist die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Hamburger SPD-Fraktion Elke Badde hin. Von den rund 40.000 Familien mit nur einem Elternteil sind über 19.000 auf staatliche Hilfe angewiesen. "Wir können längst nicht mehr von einer Randgruppe sprechen", sagt Badde. Die Hälfte aller Kinder, die Hartz IV beziehen, lebt mit nur einem Elternteil.
Badde hatte für die SPD-Fraktion eine große Anfrage an den Senat gestellt. Aus dem, was sie erfuhr, schlussfolgert sie, dass Alleinerziehende gezielter und besser in ihrer Berufstätigkeit unterstützt werden müssten. Bei den Arbeitsagenturen müsse es speziell geschulte Fallmanager geben, die mehr Zeit für die Frauen haben. Mütter mit kleinen Kindern unter drei Jahren würden von der Team Arbeit Hamburg "in Ruhe gelassen, damit sie sich um ihre Kinder kümmern können". Das sei gut gemeint, aber nicht klug. Die Phase müsse genutzt werden, um auf die Frauen zuzugehen und sie zu qualifizieren.
Badde kritisiert, das alleinerziehende Mütter in erster Linie Ein-Euro-Jobs und Tätigkeiten für gering Qualifizierte angeboten würden. Es gebe die Möglichkeit zur Ausbildung in Teilzeit, aber nur für schlecht bezahlte Berufe wie zum Beispiel Friseurin. 5.600 Alleinerziehende arbeiten ohne davon leben zu können und müssen ergänzende Hilfe beziehen.
Der Anteil der Ein-Eltern-Familien an allen Hamburger Familien beträgt 26,5 Prozent (Stand 2008).
Beim Mikrozensus 2009 wurden 38.600 alleinerziehende Mütter gezählt. 122.000 Mütter leben in Paarfamilien.
Berufstätig sind 56 Prozent der alleinerziehenden Mütter, diese arbeiten damit ebenso häufig wie andere Mütter auch.
In Vollzeit arbeiten Alleinerziehende (47 Prozent) häufiger als andere Mütter (29 Prozent).
Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens zur Verfügung hat. Hier gibt es regionale und bundesweite Vergleiche.
Sozialbehördensprecherin Julia Seifert bestreitet nicht, "dass Alleinerziehende in einer schwierigen Lage sind". Die Armutsgefährdungsquote in Hamburg habe aber 2008 mit 32,1 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt von 39,7 Prozent gelegen. Alleinerziehende hätten in Hamburg einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, auch wenn sie eine Weiterbildung oder Umschulung machen.
"Wir haben so viele Maßnahmen für Alleinerziehende wie keine andere Arge in der Republik", sagt auch Team-Arbeit-Hamburg-Sprecher Horst Weise. Es gebe sogar Projekte, bei denen Kinder mitgebracht werden könnten. Wenn die SPD spezielle Fallbetreuer fordere, frage er, wo das Geld dafür herkommen solle - "wo jetzt in Berlin gespart wird".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Bodycams bei Polizei und Feuerwehr
Ungeliebte Spielzeuge
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus