Risiken des alpinen Skisports: Operation Berühmtheit
Mikaela Shiffrin will trotz Verletzung ihren 100. Weltcup-Sieg. Die Zwänge des Sportbusiness besiegen alle Zweifel, die ihr der Körper anzeigt.
V ergangene Woche musste sich die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin, eine erfolgreiche, wenn nicht gar die erfolgreichste Skifahrerin der Wintersportgeschichte, einer, wie sie sagt, „unerwarteten“ Operation unterziehen, eine Folge eines Sturzes vor zwei Wochen in Killington, Vermont. Da hatte sie sich beim Riesenslalom verkantet und war vornüber in den Fangzaun geflogen. Ein Einstich im Unterleib, vermutlich vom Skistock verursacht, hinterließ einen Hohlraum. Bei Shiffrin löste sich das Hämatom nicht von alleine auf, es musste operiert werden.
Soweit, so ärgerlich für die 29-Jährige, aber leider auch nicht ganz unnormal im alpinen Skizirkus. Kein Sportler und keine Sportlerin bestreitet hier die Karriere ohne wochen- und monatelange Krankenhausaufenthalte.
Für die einen ist Mikaela Shiffrin weiterhin der Star der Szene, andere hingegen nehmen sie als früheren Star wahr. Ihr Ziel, nach 99 Weltcup-Siegen die 100er-Marke zu knacken, sorgt dafür, dass ihr Umgang mit ihrem Körper immer – wie soll man sagen? – unachtsamer wird. Jedenfalls kämpft Shiffrin schon lange nicht mehr nur auf den Skipisten dafür, dass sie ein Star bleibt – mit den dazugehörigen Einnahmemöglichkeiten.
Noch sichtlich von der Narkose mitgenommen, meldete sie sich nach ihrer Operation per Video und erklärte ihren Followern, was medizinisch bei ihr passiert ist, wobei sie bei manchen Wörtern Schwierigkeiten mit der Aussprache hatte.
Social Media statt Reha
Wo Erholung und Reha angesagt wäre, nutzt Shiffrin die Zeit, um ihre Social-Media-Kanäle professionell zu betreuen. Sogar kurz nach einer erkennbar anstrengenden OP.
Es zeigen sich die schrecklichen Zwänge, denen Athletinnen und Athleten gerade in solchen Sportarten ausgesetzt sind, in denen die Phase der Berühmtheit vergleichsweise kurz ist, in die aber derart viel investiert werden muss, dass für einen Plan B – der vielleicht außerhalb des Sports angesiedelt ist – gar kein Potenzial da ist.
Mikaela Shiffrin beißt sich derzeit so durch, wie sich auch ihr Verlobter, der Dauerverletzte Speedskifahrer Aleksander Kilde aus Norwegen, durchbeißt, und beide zusammen kämpfen darum, Stars in einer Branche zu bleiben, in der sie tragischerweise nicht mehr lange Stars sein werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!