: „Rinder statt Kinder kann es nicht sein“
CDU und FDP konsolidieren gar nicht, sondern häufen neue Schulden an, sagt der Grünen-Politiker Rüdiger Sagel
taz: Schwarz-Gelb müht sich gerade mit dem defizitären Landeshaushalt ab. Wie hoch ist die rot-grüne „Erblast“ in NRW? Mehr oder weniger als 110 Milliarden Euro?Rüdiger Sagel: Am Wahltag 2005 betrug die Schuldenlast des Landes 108 Milliarden Euro.
CDU und FDP sprechen von mindestens 110 Milliarden Euro Gesamtverschuldung.
Schwarz-Gelb hat durch einen Nachtragshaushalt im Jahr 2005 die Schuldenlast noch um weitere zwei Milliarden Euro in die Höhe getrieben.
Egal wie hoch die Gesamtverschuldung tatsächlich ist. Schwarz-Gelb spart jetzt im Landeshaushalt. Warum sind Sie dagegen?Schwarz-Gelb spart im Landeshaushalt an den falschen Stellen und erhöht andererseits die Subventionen. Beispielsweise werden rund 17 Millionen Euro bei der Landwirtschaftskammer und etwa 20 Millionen Euro beim Flughafenausbau zusätzlich ausgegeben. Bei Kindern, Jugendlichen und im Sozialbereich wird dagegen radikal gekürzt. „Rinder statt Kinder“ kann es nicht sein.
Macht die Opposition nicht einen Denkfehler? Sie mobilisiert jetzt gegen die Kürzungspolitik, behauptet aber gleichzeitig, die Konsolidierung gehe nicht weit genug.Durch eine reine Sparpolitik ist der nordrhein-westfälische Landeshaushalt nicht zu konsolidieren. Es geht in Zukunft ganz maßgeblich darum, die Einnahmeseite zu stabilisieren. Dazu brauchen wir auch mehr Steuerprüfer für die Unternehmen, um zumindest die veranschlagten Steuern einzunehmen. In der Bürokratie müssen Stellen abgebaut werden.
War die rot-grüne Konsolidierungspolitik der letzen Jahre zu wenig radikal?Es war eine Kürzungspolitik mit Augenmaß. Problematisch war aber die Steuersenkungspolitik im Bund, die auch die Landesfinanzen aushöhlte. Da NRW über fast keine Kompetenz bei der Steuergesetzgebung verfügt, sind der Subventionsabbau etwa bei der Steinkohle und eine gerechte und höhere Besteuerung der Kapitalunternehmen, eine höhere Spitzen- und Erbschaftssteuer auch für die Länderfinanzen wichtig
Wie schätzen Sie allgemein die Verschuldung des Landes ein? Ist die Haushaltslage in NRW schlechter oder besser als in anderen Bundesländern?Die Verschuldung von NRW ist ähnlich wie in anderen Bundesländern, abgesehen von Bayern und Baden-Württemberg, die aber auch vom Länderfinanzausgleich profitierten. Bis 2010 steigt die Verschuldung unter Schwarz-Gelb bis auf 140 Milliarden Euro. CDU und FDP haben dann in fünf Jahren Regierungszeit 25 Prozent der Gesamtschulden angehäuft.
INTERVIEW: MARTIN TEIGELER