Rigaer Straße in Berlin: 19 Monate Vollsperrung
Wegen umstrittener Bauprojekte wird ein Teil der Rigaer Straße in Friedrichshain ab Dienstag komplett gesperrt. Grünen-Abgeordnete erwartet Klagen.
Ein Aushang, der seit kurzem Bewohner der Rigaer Straße irritierte, hat am Donnerstag einen offiziellen Segen bekommen. Der mit Klebestreifen angebrachte Zettel kündigt eine „Vollsperrung im Bereich der Rigaer Straße 36 – 38 / Rigaer Straße 71 – 73A“ vom „01.08.2017 bis 28.02.2019“ an – Unterzeichner „Die Bauleitung“. Wer dahinter eine Protestaktion gegen in dem Straßenstück geplante Bauprojekte vermutete, lag falsch: Donnerstagnachmittag bestätigte das Ordnungsamt des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg die offizielle Anordnung der eineinhalbjährigen Straßensperrung.
Das laut der „Anwohner Information“ „sowohl für PKWs als auch für Fußgänger/-innen und Fahrradfahrer/-innen“ demnächst für 19 Monate komplett gesperrte Straßenstück liegt genau zwischen zwei im Kiez heftig umkämpften Bauprojekten. Auf der einen Seite sollen im „Carré Sama-Riga“ Mietwohnungen für 13 Euro kalt den Quadratmeter, gegenüber nach taz-Informationen Eigentumswohnungen und ein Hotel entstehen.
Dass es sich bei den Zetteln um eine wie darin behauptet „verkehrsrechtlich angeordnete“ Maßnahme handelt, mochte man auf taz-Nachfrage deshalb zunächst auch bei den Akteuren vom „Büro für alternative Stadtraumnutzung“, direkt neben der Baustelle, nicht glauben. „Nicht vorstellbar, dass das echt ist“, sagte einer derer, die vor dem Abriss auf dem Sama-Riga-Gelände dort das Kulturlabor „Antje Öklesund“ betrieben, noch am Donnerstagvormittag.
Doch Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) bestätigte auf taz-Anfrage eine entsprechende „Anordnung des Ordnungsamtes“. In dessen knapper Pressemitteilung zu der geplanten Sperrung heißt es, ausschlaggebend für die Sperrung sei „insbesondere die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer“. Zudem verkürze sie die Bauzeit um „2-3 Jahre“, da so „an beiden Baustellen parallel gearbeitet werden“ könne.
Herrmanns Parteigenossin, die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram, zu deren Wahlkreis die Rigaer Straße gehört, hält die Sperrung dagegen für „rechtswidrig, weil nicht verhältnismäßig“: Sie beeinträchtige AnwohnerInnen wie Gewerbetreibende und sei zudem „eine Absurdität im Sinne der Bürgerbeteiligung“.
„Ich denke, dass jemand dagegen klagen wird“, so Bayram. „Hier sind doch eh schon alle sauer.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin