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Riesengeschäft mit ZinswettenDeutsche Bank vor Gericht

Der Branchenführer hat ein Riesengeschäft mit Zinswetten gemacht. Nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden, ob dabei Falschberatung im Spiel war.

Bei dem Verfahren könnten auch Grundsatzfragen geklärt werden. Bild: dpa

Mitte der Nullerjahre schien die Idee schlüssig: Finanzschwache Kommunen schoben Schuldenberge vor sich her, klamme Mittelständler klebten an hohen Zinsen für ihre Kredite. Zugleich boomten die Börsen. So suchten immer mehr Kämmerer und Unternehmer ihr Heil auf den Finanzmärkten - in der Erwartung, dass das Risiko kalkulierbar sei. Immerhin waren es meist ihre langjährigen Bankberater, die ihnen die neuen Finanzprodukte nahelegten. Sie täuschten sich. Am Dienstag beschäftigt sich erstmals der Bundesgerichtshof mit dem Thema.

Zwei mittelständische Unternehmer werfen der Deutschen Bank vor, sie falsch beraten zu haben. Sie habe ihnen Zinsswap-Geschäfte als "gutes Produkt zur Zinsoptimierung" verkauft. Dass es sich um hochriskante Wetten handelte, sei nicht klar gewesen.

Swaps gehören zu den Derivaten - Finanzprodukte, die auf die Entwicklung von Aktien, Rohstoffen, Zinsen oder Devisen setzen. Bei einem CMS Spread Ladder Swap etwa, der in einem der Karlsruher Fälle abgeschlossen wurde, wettet der Kunde darauf, dass die kurzfristigen Zinsen fallen, und zwar in einem bestimmten Verhältnis zu den langfristigen. Die Bank hält dagegen. Der Vertrag läuft über einen festgelegten Zeitraum, ein einseitiges Kündigungsrecht hat in der Regel nur die Bank.

Mindestens 700 Städte, kommunale Zweckverbände und mittelständische Unternehmen haben in den letzten sechs, sieben Jahren mitgezockt. Hückelhoven am Niederrhein ist die einzige Gemeinde, die je von einem Gewinn gesprochen hat - 250.000 Euro. Verlierer aber gibt es viele. In Leipzig und Berlin soll es um dreistellige Millionenbeträge gehen, in Pforzheim um 57 Millionen Euro. Und gewettet wurde nicht nur in Deutschland. In Italien etwa drohen Städten und Provinzen wegen riskanter Zinsgeschäfte Abschreibungen von 2,5 Milliarden Euro.

Vielerorts sind die Wettpartner längst vor Gericht gelandet. In Deutschland argumentieren die Kunden mit Falschberatung, in Italien gar mit vorsätzlicher Täuschung. Weil auch die Ermittler dort aggressiver vorgehen, schlagen die Banken nun zurück und verklagen die Gebietskörperschaften ihrerseits, die Verträge zu erfüllen - vor Londoner Gerichten, die sich als bankenfreundlicher erwiesen haben.

In Deutschland blicken viele Beteiligte nun gespannt nach Karlsruhe. Ob die Banken falsch beraten haben, muss zwar immer im Einzelfall entschieden werden. Die obersten Richter könnten aber die Gelegenheit nutzen, auch einige Grundsatzfragen zu klären. Beispielsweise, ob eine Bank bei einem solchen Zinsswap-Geschäft ihre Gewinnmarge und damit das Risiko für den Kunden offenlegen muss.

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7 Kommentare

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  • M
    Michael

    Die Deutsche Bank wird die kaum zum Zocken gezwungen haben. Grundkenntnisse in Mathematik sollte ein Kämmerer haben. Die Kämmerer, die derartig krasse Verluste auflaufen ließen und Verträge mit einseitigem Kündigungsrecht unterschrieben, gehören vor Gericht.

  • V
    Valle

    Ein Dilettant ist, wer eine Bank ausraubt, ein Profi gründet eine Bank. B.B.

  • E
    EuroTanic

    Die deutsche Bank ist ein einziges grosses Casino. Das ist aber in unserer profineurotischen Welt nicht verboten? Warum stellen wir nicht einfach einarmige Bandite in den Banken auf. Da kann dann der Rentner seine Rente gleich verzocken. Oder wir erstetzen bei den Bankautomaten den Bestätigungsbutton durch einen "DOPPELT oder NICHT" Button? Banken wie die Deutsche Bank gehören zerschlagen, die Manager ab der mittleren Ebene eingebuchtet. Diejenigen die sich auf solch dumme "Spielchen" als Kunde eingelassen haben müssen ihre öffentlichen Ämter verlieren und werden auf dem Marktplatz öffentlich an den Pranger gestellt. Die Verluste dürfen sie dann privat begleichen.

  • F
    FAXENDICKE

    Nicht nur die nach Bonis trachtenden Falschberater, auch die Kämmerer sollten in solchen Fällen mit Gefängnis und Privathaftung in die Pflicht genommen werden. Ein Kämmerer der für die Gelder der Allgemeinheit zuständig ist sollte genügend Kompetenz und Sachverstand mitbringen um solche hahnebüchenen Geschäfte zu meiden. Es kann nicht sein das offenbar auch an dieser Stelle ein Parteibuch reicht, Ausserdem ist er zuständig für das Geld des Steuerzahlers, der ihm dem Kämmerer einen sehr gut bezahlten krisenfesten Arbeitsplatz, beste Krankenversorgung und obendrein eine überdurchschnittliche Pension finanziert, und dafür zahlt derselbe NULL Beiträge. Solche Nassauer haben gefälligst auch Verantwortung zu übernehmen.

  • D
    daswois

    Alles kein Problem, wenn die zuviel zocken, fallen sie unter Wettgeschäft Aufsicht.

  • KE
    karl eckert

    Es sollte sich für die Deutsche Bank von selbst ver-

    bieten, mit den Kommunen derlei Geschäfte zu machen.

    Die Bank weiß ganz genau, daß diese Art Geschäfte

    vor allem ihrer eigenen Bereicherung dienen. Wen

    trifft also der Verlust des Geldes? Die Allgemeinheit.

    Und damit den Bürger.

    Will sich die Deutsche Bank am Geld des Steuerzahlers,

    der ja von einem Gemeindekämmerer ohne sein Wissen

    da hineingezogen wird, bereichern? Das ist höchst un-

    seriös. Einem Gemeindekämmerer sollte es verboten

    werden, solche Swap-Geschäfte mit einer Bank abzu-

    schliessen.

  • I
    Ingo

    Darf halt nicht jeder Zinswucher betreiben.