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Archiv-Artikel

Richter bleib bei deinen Leisten

betr.: „Nicht tragfähig“, taz bremen vom 5. 3. 09

Dass die Freie Schule-Initiatoren zu dusslig sind, um rechtzeitig Widerspruch einzureichen ist sicher ärgerlich. Und wahrscheinlich konnten die Verwaltungsrichter deshalb gar nicht anders, als die Klage zurückzuweisen. Dass sie allerdings meinen, Kraft ihres Jurastudiums und ohne jede Expertenanhörung auch darüber befinden zu können, was ein pädagogisches Konzept ist, kann doch wohl nur Ausdruck einer provinztypischen Selbstüberschätzung sein. Dass sie denken, ohne Weiteres zwischen einem „politischen“ und einem „pädagogischen“ Konzept unterscheiden zu können, ist in diesem Zusammenhang nur allzu verräterisch: Denn was, wenn nicht die Erziehung zu einem gesellschaftlichen System, ist die Aufgabe der Pädagogik? Nein, Bremer Richter sind nicht dazu verpflichtet die Sudbury-Schools in den USA oder die Hadera Democratic School-Bewegung in Israel zu verfolgen, die eben belegen, dass Demokratie als pädagogisches Konzept vielleicht schwierig, aber sehr erfolgreich und nützlich in Sachen Demokratiebildung sein kann. Jeder halbwegs informierte Pädagoge hätte ihnen mitteilen können, dass es darüber anregende Fachdiskussionen, Doktorarbeiten und sogar Habilitationen gibt. Und eine sogar online verfügbare Studie der Stiftung „Erinnerung Verantwortung und Zukunft“ kommt zu dem Ergebnis, dass die 26 Demokratischen Schulen, die in Israel seit Ende der 1980er gegründet wurden, schon jetzt einen erheblichen Einfluss auf das staatliche Schulsystem erlangt haben. Richter zu kritisieren gilt als unfein, weil die Würde ihres Amtes wichtig ist fürs Rechtswesen. Und das ist auch ein guter Grundsatz – solange die Richter Recht sprechen. Wenn sie meinen, ohne sich vorab schlau zu machen, über Dinge urteilen zu müssen, von denen sie ganz offenkundig nichts verstehen, dann ist auch daran nichts auszusetzen. Bloß sollten sie vorher die Roben ablegen. LOUIS S. KLOSE, BREMEN