Richard Rother über die Schlichtung bei Kaiser's Tengelmann: Gezerre um Markt und Märkte
Die Rürup-Rente – ein Flop. Die Schröder-Regierung – gescheitert an der Basta-Politik, die die Volkspartei SPD weit von ihrer Basis entfernt hat. Ausgerechnet Altkanzler Gerhard Schröder und Bert Rürup, Väter der Hartz-Reformen, sollen nun in einem Konzernkonflikt schlichten, in dem es auch um 16.000 Arbeitsplätze geht. Für manche ist das ein schlechter Scherz. Für die Beschäftigten bei Kaiser’s Tengelmann aber ist es die letzte Hoffnung, ihre Arbeitsplätze behalten zu können. Und diese Hoffnung ist berechtigt. Glücklicherweise.
Denn bei einer möglichen Zerschlagung der Supermarktkette geht es um mehr als die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln; das können auch andere übernehmen. Es geht um die Zukunft von Frauen in den Filialen, die nicht so leicht anderswo unterkommen können, weil sie älter sind oder Kinder erziehen; es geht um die Zukunft von Beschäftigten in den Fleischereien und Logistikzentren, deren Betriebe geschlossen würden, wenn Tengelmann-Wettbewerber nur einzelne Kaufhallen übernehmen. Und es geht um gewerkschaftliche Mitbestimmung, in der Branche ohnehin kaum ausgeprägt. Deshalb hatte sich ja Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) über das Kartellamt hinweggesetzt und die Gesamtübernahme durch Edeka genehmigt.
Dass dieser Deal oder eine andere „große“ Lösung Wirklichkeit wird, dabei sollen Gabriel nun die Genossen Schröder und Rürup helfen. Die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht, auch wenn Rewe-Chef Alain Caparros als letzter Widersacher die Muskeln spielen lässt. Erstens übernehmen Schlichter nur dann die Aufgabe, wenn es eine Aussicht auf Erfolg gibt – sie wollen schließlich nicht als Verlierer dastehen. Das gilt bei Tarifverhandlungen, und es dürfte auch beim Konzerngezerre um Markt und Märkte gehen. Und zweitens kann auch Caparros kein Interesse daran haben, dauerhaft auf stur zu schalten. Und am Ende als Vernichter Tausender Jobs dazustehen.
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