piwik no script img

Richard Rother über den DieselSkandalDie Aussperrung der Stinker

Lange Zeit wunderten sich Umweltfachleute deutscher Städte: Zwar wurden die Autos auf dem Papier sauberer, in der Realität nahmen die Schadstoffbelastungen der Luft jedoch zu. Der Grund: Viele Fahrzeuge erfüllen die Abgasnormen nur im Labor, aber nicht auf der Straße. Das zeigt nun auch eine repräsentative Untersuchung des Umweltbundesamts. Das Ergebnis ist erschreckend: Dieselautos der strengen Euro-6-Norm stoßen im Durchschnitt sechs Mal mehr Stickoxide aus als erlaubt. Auch bei Euro-5-Fahrzeugen wird der Grenzwert um ein Vielfaches überschritten. Stickoxide sind gesundheitsschädlich; sie verursachen Atemwegserkrankungen. Neben Industrie und Heizungen ist der Verkehr die Hauptquelle der Emissionen, weshalb gerade Städte belastet sind, vor allem an windschwachen Tagen.

Dort besteht dringender Handlungsbedarf: Die einfache Lösung, per Blauer Plakette Fahrzeugen unterhalb der Euro-6-Norm die Einfahrt in Städte zu verweigern, funktioniert aber nicht – auch die Euro-Sechser sind ja nicht alle sauber. Bliebe nur, für jedes Fahrzeugmodell einzeln zu überprüfen, ob es im Alltag die Norm einhält, und danach die Plakette zu vergeben. Viele Verbraucher würde dies verärgern: Weil der Staat nicht in der Lage war, seine Grenzwerte vor der Fahrzeugzulassung durchzusetzen, hätten sie ein zeitweise unbrauchbares Auto erworben.

Besser wäre es, die Hersteller zur Nachrüstung der Fahrzeuge zu zwingen. Andernfalls bliebe die chinesische Lösung: bei Smog einfach die Hälfte aller Fahrzeuge aussperren, je nachdem, ob die Endziffer auf dem Nummernschild gerade oder ungerade ist. In China werden bei Smog auch Industriebetriebe gedrosselt. Warum nicht auch bei uns? Ein Beispiel: Am östlichen Berliner Stadtrand befindet sich eine schon von weitem riechbare Glasfabrik, die jährlich 155 Tonnen Stickoxid emittiert – so viel wie etwa 15.000 Euro-5-Dieselstinker, die jährlich 10.000 Kilometer fahren.

Der Tag

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen