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Revolution im arabischen RaumIran geht wieder auf die Straße

Ruf der Freiheit: Am Vorabend des letzten Mittwochs vor dem neuen Jahr will Irans Opposition demonstieren. Die Polizei will ihr mit "entschiedener Härte" entgegentreten.

Iranischer Protest im Februar 2011. Die Demonstranten setzen eine Mülltonne in Brand. Bild: dapd

BERLIN taz | Die iranische Opposition hat aus Protest gegen die Isolierung der Oppositionspolitiker Hossein Mussawi und Mehdi Karrubi durch Hausarrest für Dienstagabend landesweite Demonstrationen angekündigt. Es ist der dritte Dienstag, an dem die Proteste fortgesetzt werden. Doch der Dienstag dieser Woche ist ein besonderer Tag, der Vorabend des letzten Mittwochs vor dem neuen Jahr, das mit dem Frühling am 21. März beginnt.

Tschaharschanbeh Suri ist ein Fest, das auf eine Tradition von fast viertausend Jahren zurückblickt. Mit dem Sonnenuntergang zünden Kinder, Erwachsene und alte Menschen auf den Straßen oder in Gärten sieben Haufen Reisig an und springen darüber. Bei jedem Sprung wiederholen sie den Spruch: "Meine Blässe gehöre dir, deine Röte gehöre mir." Damit sollen Krankheit, Kummer und Leid des zu Ende neigenden Jahres dem Feuer übergeben werden und die Menschen gesund und fröhlich das neue Jahr beginnen. Das Feuer soll bis zum Sonnenaufgang brennen. Wie an Silvester werden auch bei diesem Fest Feuerwerkskörper gezündet.

Während die islamischen Machthaber das Fest verschmähen, weil es aus der zarathustrischen Zeit stammt, nehmen es besonders jugendliche Oppositionelle seit Jahren zum Anlass, die Freude über das Erwachen der Natur mit dem Ruf nach Freiheit zu verbinden. In diesem Jahr gewinnen die Versammlungen vor dem Hintergrund der seit 2009 andauernden Unruhen und den Aufständen in den arabischen Staaten an Brisanz. Anlass genug für das Regime, drastische Vorbeugemaßnahmen zu treffen.

Der Teheraner Justizchef Alirez Awai kündigte an, jeder Protestversammlung mit "entschiedener Härte" zu begegnen. "Die Feinde der Islamischen Republik missbrauchen die Gefühle von Jugendlichen, die eigentlich politisch nicht engagiert sind", sagte Awai. "Polizei und Sicherheitskräfte werden jede politische Instrumentalisierung im Keim ersticken." Richter und Staatsanwälte seien mit "besonderen Befugnissen" ausgestattet worden. Das bedeutet einen Freibrief für die Durchführung von Schnellverfahren.

Esmai Ahmadi Moghaddam, Chef der iranischen Sicherheitskräfte, erklärte den Kauf und Verkauf von Feuerwerkskörpern für illegal. Seine Behörde werde jede Missachtung dieser Anordnung aufs Härteste bestrafen. Der stellvertretende Provinzgouverneur von Ghom, Ahmad Hadschisadeh, hatte einen besonders klugen Einfall. Man solle den Schulunterricht in die Länge ziehen, um die Teilnahme von Schülern an Aktivitäten zu verhindern.

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5 Kommentare

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  • DD
    Der Denker

    @Meryem Azimi,

     

    Ich muss Ihnen Recht geben im Iran gibt es nicht "die Opposition". Die Strömungen die gegen das verhasste Mullah-Regime sind, sind vielfältig und diverser Natur. Da gibt es Säkulare, Arbeitslose (ca. 40% im Iran inklusive des informellen Sektors), junge Frauen, Intellektuelle und Studenten, ethnische und religiöse Minderheiten, Menschenrechtler, Journalisten, Demokraten und Liberale, Linke und Kommunisten, Monarchisten und Reformer und viele weitere. Allen gemein ist, das Sie das islamistische Millitär- und Mullahregime ablehnen.

    Trotz massiver Unterdrückung sind nach den gefälschten Wahlen in 2009 allein in Tehran über 4 Mio. Menschen auf die Straßen gegangen (Angaben durch tehraner Stadthalter Qalibaf) . In allen größeren Städten sind hunderttausende gegen dieses menschenverachtende Regime protestieren gegangen. Trotz aller Gewalt, Tötung, Vergewaltigung, Hinrichtung, Einsperrung und Schauprozessen ausgeübt durch das Regime bekunden die Menschen nach wie vor Ihre Ablehnung.

    Heute ist nahezu jedem Iraner bewusst, dass ein islamo-faschistisches System nicht zu reformieren ist. Ein System, welches auf Prinzipien des Islam beruht kann nicht reformiert werden, genauso wenig wie der Islam.

    Im Iran sind Medien massiv zensiert, Versammelungen jeglicher art verboten, das Privatleben der Bürger wird überwacht, Anwälte, Menschenrechtler und Journalisten werden eingesperrt oder umgebracht,selbst die Mullah-Verfassung wird missachtet und vieles mehr. Ein legitimes Regime, unterstützt von seiner Bevölkerung würde nie zu derart diktatorischen Mitteln greifen. Das Verhalten der Mullahs ist ein Indiz für Ihre Angst, wohlwissend um die eigenen Verbrechen. Was Gaddafi heute in Lybien abzieht, machen die Mullahs seit 32 Jahren im Iran, aber genauso wie Gadaffi werden die verhassten Mullahs schon bald in den Müll der iranischen Geschichte verschwinden.

  • J
    Jahan

    Der Iran zum arabischen Raum zu zählen, zeigt schon die Journalistische Qualität dieses Berichtes.

     

    Youtube - Show Casting gehört mittlerweile zu ärger der Einwohner in Nebenstraßen von Nordteheran zu beliebte Gaudi mancher Jungendliche. Einige Eimern in Brand setzen und auf Kommando Rücken zu Kammer oder mit Maske und schon ist die Show in Kaste.

    Würden Sie Unruhen am 1. Mai und … mit solchem Inhalt versehenen?!.

  • AB
    Azadeh B.

    @ Meryem Azimi

     

    ich würde gerne wissen woher Sie so selbstverständlich hier von eine nicht vorhandene Opposition reden. Wann waren Sie im Iran?

    Ich schätze Sie sind eine Türkin die das islamische Regime unterstützt. Wie viele Ihrer Landsleute, die nur Lobeshymnen für Ahmadinejad hatten, sind auch Sie von Ihren Kommentar als Pro-islamische Regime zu erkennen. Ist aber auch verständlich wenn man bedenkt, wieviel Geld von den Mullahs in die Türkei geflossen ist.

  • A
    allaOM

    Seit wann sind Iraner Araber?!

  • MA
    Meryem Azimi

    Es ist eine sehr europäische Vorstellung, dass es "die Opposition" in Iran gibt. Das ist nicht der Fall, im Gegenteil haben sich zwar in der Zeit der Wahlunruhen unterschieliche Gruppen unter einer Überschrift zusammengefunden, aber da gibt es sonst keine größeren Übereinstimmungen. Mussavi und Karroubi haben sich im Gegenteil bei vielen inneriranischen Oppositionellen unbeliebt gemacht durch ihre Weigerung zur Konsolidierung beizutragen. Da kann man wirklich erwarten, dass Exiliraner erneut versuchen Jugendliche zu instrumentalisieren.

    In grundsätzlicher Anerkennung des iranischen Systems gibt es weitaus vielfältigere Möglichkeiten als in den arabischen Ländern, Veränderungen herbeizuführen.