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Reumütige RadiomoderatorenLächerlich. Tödlich

Radiomoderatoren zeigen sich nach Suizid von Kates Krankenschwester reuevoll. Sie hatten sich einen Telefonstreich erlaubt.

Abgesetze Show: Michael Christian und Mel Greig vom Sender 2Day FM in Sydney bei einem TV-Interview. Bild: reuters

Die Geschichte ist so bizarr, dass sie nicht mal für eine anständige Verschwörungstheorie taugt: In Großbritannien rätselt man, warum sich eine Krankenschwester umgebracht hat, nachdem sie auf einen Telefonscherz eines australischen Radiosenders hereingefallen war.

Mel Greig und Michael Christian vom Sender 2Day FM in Sydney hatten sich bei einem Anruf in einem Londoner Krankenhaus als Königin Elisabeth und Prinz Charles ausgegeben und sich nach dem Gesundheitszustand von Kate Middleton erkundigt, die dort behandelt wurde. Die Krankenschwester fiel darauf herein und stellte den Anruf an die zuständige Kollegin durch, die bereitwillig Auskunft gab.

Niemand machte ihr dafür einen Vorwurf, weder drohten ihre Arbeitgeber mit Konsequenzen, noch beschwerte sich die königliche Familie. Die australischen Moderatoren Greig und Christian erklärten weinend in einem TV-Interview, dass sie gar nicht damit gerechnet hatten, durchgestellt zu werden: Ihre britischen Akzente und das Gebell der Corgis-Hunde im Hintergrund seien lächerlich gewesen.

Seit dem Tod der Krankenschwester werden Greig und Christian von der britischen Presse wie Staatsfeinde behandelt. Auch in Australien werden sie angefeindet. Ihre Radioshow wurde abgesetzt, die Aktien des Senders fielen um mehr als 7 Prozent, viele Werbekunden sprangen ab.

In der Vergangenheit hat sich 2Day FM, ein Sender für schlichte Unterhaltung von 16- bis 30-Jährigen, noch viel Ekelhafteres als diesen Telefonscherz erlaubt – ohne gravierende Folgen für den Sender. So wurde 2009 eine 14-Jährige an einen Lügendetektor angeschlossen, ihre Mutter befragte sie nach ihren sexuellen Erfahrungen. Sie sei mit 12 vergewaltigt worden, so das Mädchen. Daraufhin fragte der Moderator: „Okay. Und hast du sonst noch irgendwelchen Sex gehabt?“

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11 Kommentare

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  • DA
    der alte Fritz

    Wenn ich hier so manchen Kommentar lese, frage ich mich tatsächlich, ob sie von Lesern der taz stammt *kopfschüttel*.

    Im übrigen möchte ich aufs gehörigste widersprechen, dass Telefonscherze in Deutschland niemals ohne die Einwilligung der Betroffenen auf Sendung gehen würden.

    Sämtliche deutsche Radio Stationen inklusive öffentlich rechtlichen haben genau diesen Scherzanruf samt Übersetzung gesendet. Hat hier irgendeiner nachgefragt, ob die in Genehmigung der Gesprächspartner vorliegt? Wohl kaum. Wenn eine australische Station dies sendet ist es noch lange nicht legal, aber das wurde billigend in Kauf genommen. Ein Scherzanruf alla Telefonschreck der kleine Nils, etc.pp. war dieser nun wirklich nicht!

    Dienstagmorgen um 5 Uhr hat sich das Leben von vielen Menschenverändert. Die Krankenschwester hatte Nachtschicht und freute sich wohl auf ihren Feierabend. Sie war eine von uns und hat bis dahin ein ganz normales Leben geführt.

    Von der ganzen Welt blamiert hatte sie keine psychologische Betreuung wie jetzt die beiden Radiomoderatoren. Alle auf der Welt hatten ihr Späßchen und diese Person war für sich ganz allein. In gewissen Kulturkreisen gilt Loyalität und das Gesicht wahren noch etwas. Sie hat ihr Gesicht gewahrt - wohl auf drastische und tragische Weise.

  • Z
    zwiesel

    vielleicht bin ich nicht auf dem neuesten stand, aber das letzte, was ich gehört hatte war, dass es keinesfalls bewiesen sei, dass es sich tatsächlich um suizid gehandelt hat. insofern wären abschliessende verurteilungen doch etwas verfrüht.

     

    entlarvend ist allerdings, dass sich vor diesem ereignis niemand über diesen scherzanruf echauffieren wollte. unabhängig vom ergebnis bleibt die tat doch die selbe.

  • I
    inkonsequent

    Es soll ja Leute geben, die gehen in den Cirkus Maximus und beschweren sich dann, daß die Löwen so laut sind.

  • WS
    wenn schon, denn schon

    Da kann man mal gucken, was die Briten für Weicheier sind. Stefan Raab hätte das bestimmt nicht mal einen Kariereknick beschert.

  • K
    Kotzen

    Von A bis Z alles krank.

     

    Zählt mal die Zahl der Heuchler und Lügner, die da unterwegs sind.

     

    Ich würd mich auch erst mal um die sozialen Verhältnisse in GB kümmern.

     

    Schaut euch mal die Hütte an, in der die Frau mit ihrer Familie wohnte.

    Vergleicht das mal mit dem Kensington Palace.

     

    Wo kann man besser kotzen?

  • H
    heinzl

    Da laufen aber die Krokodilstränen. Damit ist eindeutig bewiesen, die Autoren der "Wahrheit" sind schuld am Völkermord, Suiziden, dem Ozonloch und an dem Artensterben.

  • MB
    Mr. Blabla

    Mich würde es interessieren, ob es wirklich der Anruf selbst war, der die Frau in den Selbstmord trieb oder eher die Angst vor einer möglichen Kündigung.

     

    Komisch dass auch die Taz dieses Feld nicht beleuchtet, wo sie sich doch gerne für die Arbeiterrechte stark machen möchte.

     

    Schließlich gilt doch auch in England, wer erst einmal den Arbeitsplatz verliert fällt aehr tief und kommt nur sehr schwer oder garnicht wieder nach oben.

     

    Also Taz, wie sieht es denn mit den Arbeitsverhältnissen für Krankenschwestern in Enland aus???

  • E
    emil

    "Niemand machte ihr dafür einen Vorwurf, weder drohten ihre Arbeitgeber mit Konsequenzen, noch beschwerte sich die königliche Familie."

     

    wem sollte denn da auch gedroht werden, sie war ja bereits kurz nach dem ereignis tot.

     

    die diskussion geht lediglich nicht in diese richtung, weil ein mensch umgekommen ist. ansonsten wäre die erste frage, wie es sein kann, dass dort jede/r einfach durchgestellt wird.

  • M
    Michael

    Ich weiß nicht wer vorher was falsch gemacht hat, aber für diesen Telefonstreich darf man sich eigentlich nicht entschuldigen.

    Ich habe es mir bei YouTube angehört, absolut harmlos, da ist nichts passiert. Wenn die Frau sich dann umbringt, wollte sie es schon vorher. Ich sehe keinen Bezug zwischen dem Telefonstreich und dem Suizid.

     

    Die gute Frau wollte eben Aufmerksamkeit, dass ist alles.

  • Z
    Zomba

    @Autor: ja was denn nun??? was ist die Geschichte??? warum hat sie sich umgebracht?. wird leider nicht beantwortet und zieht diesen suizid ins lächerliche, bravo TAZ. Das nenn ich Qualitäts-Journalismus. (Copy n paste funzt nicht immer^^)

  • S
    Sontag

    "Niemand machte ihr dafür einen Vorwurf, weder drohten ihre Arbeitgeber mit Konsequenzen, noch beschwerte sich die königliche Familie."

    1. Frage: Woher wissen Sie das so genau?

     

    2. Frage: Wie ist die Rechtslage: Darf ein Sender überhaupt so einen Scherzanruf ohne die Einwilligung der Betroffenen ausstrahlen?

     

    3. Frage: Haben die Moderatoren auch nur einen Augenblick darüber nachgedacht, dass so ein voyeuristisches Spektakel jemanden den Job kosten kann?

     

    4. Frage: Welche Konsequenzen ziehen die überaus albernen und zu Scherzen aufgelegten Radiomoderatoren hierzulande aus der Geschichte?

     

    Die ganze Verwertungskette, mit der man seine Quote auf Kosten anderer erzeugt, ist ekelhaft. Nicht erst seit diesem Vorfall.