Republikanischer Parteitag in Florida: „Du gehörst hier nicht hin“
Anhänger des unterlegenen liberalen Kandidaten Ron Paul werden auf dem Parteitag von den Romney-Fans beschimpft und drangsaliert.
TAMPA taz | „USA – USA“, schreien Tausende von RepublikanerInnen immer wieder in den Saal. Je weiter der Kongress voranschreitet, desto häufiger schwingen sie dazu auch Schilder, auf denen zwei Worte stehen: „Mitt Romney“.
Die Rufe sind mehr als Jubel für den bei der ersten Versammlung des Parteitags offiziell nominierten Präsidentschaftskandidaten. Sie dienen dazu, die Stimmen der Ron-Paul-AnhängerInnen zu unterdrücken. Jedes Mal, wenn die einen Antrag zur Tagesordnung stellen wollen, oder wenn sie einfach nur den Namen ihres Helden skandieren, erhebt sich der patriotische Gegenchor. „Du gehörst hier nicht hin“, zischen republikanische Delegierte der Ron-Paul-Anhängerin und Delegierten Janice Fulkerson aus Michigan zu.
Ron-Paul-Anhänger Frank Capone aus dem Bundesstaat Massachusetts hört, nachdem er am Dienstag Slogans zugunsten von Ron Paul skandiert hat, von dem Vorsitzenden seiner Delegation die Drohung: „Um dich kümmere ich mich morgen.“ Frank Capone ist sich sicher, dass er ab Mittwoch keine Zugangsberechtigung mehr zu dem Parteitag bekommt.
Organisatorisch ist das leicht möglich: Die Republican National Convention (RNC) hat für jeden Tag andere Eintrittskarten ausgestellt. Neben dem Schreien, Zischen und Drohen kommen auch Verfahrenstricks zum Einsatz. Der RNC verhindert eine Debatte über eine Statutenänderung. Er entzieht 20 Ron-Paul-Delegierten aus Maine während des laufenden Parteitags ihren Delegiertenstatus.
Mehrheit aus drei Staaten für Ron Paul
Und die beiden jungen Frauen, die am Dienstag über Mikrofon und mehrere Großbildschirme die Abstimmungsergebnisse der Delegierten aus jedem einzelnen Bundesstaat bekannt geben, vermeiden sorgfältig jede Erwähnung des Namens Ron Paul. Jedes Mal, wenn die Damen das Ergebnis für Romney sagen, reagieren wütende Gruppen im Saal mit der Bekanntgabe des Ergebnisses für Ron Paul. Am Ende der stundenlangen Zeremonie wird das Ron-Paul-Echo immer größer.
Der 77-jährige rechte Libertäre aus Texas, Ron Paul, hat zwar in den Vorwahlen in keinem Bundesstaat die Mehrheit bekommen, aber in Tampa ist dieser Schritt gelungen. Die Delegierten von Minnesota, von Iowa und von Nevada stimmen in Tampa mehrheitlich für ihn. Ron Paul und seine Anhänger nennen ihre Bewegung eine „Revolution“.
Sie sind für den Abzug der US-Truppen aus aller Welt, gegen Steuern, gegen Abtreibung und für eine radikale Schrumpfung der Regierung. Aber anders als alle anderen Gegenspieler von Romney, hat Ron Paul bis zuletzt an seiner Kandidatur festgehalten. Eine Rede in Tampa hält er nicht.
Der Texaner begründet, dass er weder bereit war, seine Rede vorab den Organisatoren vorzulegen, noch seine bedingungslose Unterstützung für Romney zu erklären. Stattdessen nimmt er ein ausgedehntes Bad in der Menge der Delegierten. Hunderte wollen Ron Paul berühren und seine Hand schütteln.
„Romney ist scheiße“, sagt Ron-Paul-Anhänger Douglas Petock aus New Jersey, der mit einer US-Fahne mit Peace-Symbol draußen vor dem Kongresszentrum demonstriert: „Romney ist derselbe Mist, wie der Mann, der jetzt im Weißen Haus ist. “
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen