Republikanische Präsidentschaftskandidatur: "Werte-Wähler" gegen Romney
Ein erzkonservativer Prediger aus Texas wettert gegen den Mormonen Mitt Romney. Dieser gibt sich gelassen, aber die Hardliner könnten seine Kandidatur gefährden.
WASHINGTON dpa | Auge um Auge, Zahn um Zahn ist Mitt Romneys Sache nicht. Beinahe sanft reagierte der Spitzenreiter im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, nachdem der Prediger einer texanischen Mega-Kirche schweres Geschütz gegen ihn aufgefahren hatte.
Romneys mormonischer Glaube sei ein "Kult", er selbst ein "Nicht-Christ", wetterte Robert Jeffress auf einem Großkongress erzkonservativer "Werte-Wähler" am Wochenende in Washington. Statt einen Gegenangriff zu starten, beließ es der Ex-Gouverneur von Massachusetts bei einem Aufruf zu Anstand und Höflichkeit.
Nur zu gut weiß Romney um die politische Macht der bibeltreuen Hardliner. Mag es angesichts von jahrelangen Wirtschaftsturbulenzen und Jobmarkt-Krise auch ruhig um sie geworden sein, hat sich an ihren radikalen Überzeugungen nichts geändert: Fromm sind sie und gegen Abtreibung und Homosexualität; mit anderen Religionen, allen voran dem Islam, haben sie ein Problem. Kein Wunder, dass Prediger Jeffress auf dem Kongress den texanischen Gouverneur Rick Perry zur Wahl empfahl, weil er "ein echter Gefolgsmann von Jesus Christus ist".
Im Europa mag man sie als Fanatiker sehen, in Amerika sind sie ein höchst ernstzunehmender politischer Faktor. Während der republikanischen Vorabstimmungen bei der vorangegangenen Präsidentenwahl stammten 44 Prozent der Wähler aus dem evangelikalen Lager. Schon damals hatte Romney seinen Hut in den Ring geworfen, und schon damals schossen sich tiefreligiöse Gruppen auf seinen Glauben ein - eine Hürde, an der der 64-Jährige nun erneut scheitern könnte.
Mag der millionenschwere Geschäftsmann, der vor allem mit seinem wirtschaftlichen Sachverstand für sich wirbt, auch in den Umfragen klar vorne liegen - bei den Erzkonservativen handelte er sich eine schallende Ohrfeige ein. Gerade einmal vier Prozent der Teilnehmer einer Popularitätsabstimmung auf dem Washingtoner Kongress konnten sich für ihn erwärmen - weit abgeschlagen hinter dem Abgeordneten Ron Paul, der so wenig Staat wie möglich möchte, dem schwarzen Pizza-Unternehmer Herman Cain und Ex-Senator Rick Santorum, der in den sonstigen Erhebungen praktisch keine Rolle spielt.
"Jeder ist besser als Obama"
Knapp die Hälfte der befragten weißen Evangelikalen sagten in einer aktuellen Umfrage des US-Senders CBS, die meisten ihrer Bekannten würden nicht für einen Mormonen stimmen. "Es gibt theologische Unterschiede zwischen dem Mormonentum und dem Christentum", sagte Tony Perkins, Mitorganisator des Washingtoner Kongresses, dem Sender. "Evangelikale betrachten das Mormonentum nicht als christlich." Das sei seit Generationen so und ändere sich auch nicht binnen einer Wahlperiode. Und schon in drei Monaten beginnen die Vorwahlen.
Aber Romney eckt nicht nur mit seinem Glauben bei den Erzkonservativen an. Einst trat er für das Recht auf Abtreibung ein, das hätten sie ihm bis heute nicht verziehen, obwohl Romney seine Meinung in der Frage inzwischen geändert habe, weiß Don Gonyea vom öffentlichen Rundfunksender NPR. Erst als er sich auf dem "Wertewähler"-Treffen als Abtreibungsgegner zu erkennen gab, sei Jubel ausgebrochen. "Sonst ist Romney allenfalls freundlich aufgenommen worden."
Sollte er bei der Vorwahl der Republikaner durchfallen, dürfte das für Präsident Barack Obama von Vorteil sein - bislang jedenfalls schält sich kein anderer klarer Spitzenbewerber heraus. Schickt ihn seine Partei aber ins Rennen um das Weiße Haus, könnte selbst der Mormone Romney für politische Rechtsaußen wählbar werden, angesichts ihrer tiefen Abneigung gegen den Präsidenten. "Ich kann nicht sagen, dass er mich begeistert", meinte die 63-jährige Karen Rose aus Ohio zu NRP. "Aber man muss ja auch daran denken, was einen großen Teil des Landes anspricht. Jeder andere ist besser als Obama."
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