Republikaner verhindern Debatte über Irakkrieg im US-Kongress: Erbärmliche Szenen
Es war eine peinliche Vorstellung, die der US-Senat am Montagnachmittag in Washington dem Publikum bot: Anstatt differenziert und nachdenklich über den weiteren Kurs der USA im Irak zu debattieren und schließlich eine Resolution zu verabschieden oder abzulehnen, schrien sich die Senatoren stundenlang an, verhandelten in Hinterzimmern über die Geschäftsordnung und erlaubten schließlich einer geschlossenen Republikanerfront, die Debatte über den Irakkrieg überhaupt von der Tagesordnung zu nehmen. Zwar gibt es im Englischen keinen Fachausdruck für „Politikverdrossenheit“. Aber gerade jene Wählermehrheit, die den Demokraten im vergangenen November die Kontrolle des Kongresses in die Hände gelegt hatte, müsste angesichts dieser blamablen Vorstellung der Volksvertreter versucht sein, sie allesamt auf den Mond zu schießen.
Da führen die USA einen Krieg, der bereits über 3.000 US-Amerikaner und je nach Rechnung bis zu 650.000 Iraker das Leben gekostet und Zigtausende verstümmelt hat, und die US-Senatoren einigen sich aus parteipolitischen Gründen nicht auf ein Verfahren, wie über diesen Krieg zu diskutieren ist. Was für ein untaugliches, verantwortungsloses Parlament! Und welch ein Dämpfer für all jene, die gehofft hatten, die demokratische Mehrheit könnte, wenn schon nicht zu einem Kurswechsel, so doch zumindest zu einer neuen Offenheit im Umgang mit der irakischen Realität führen.
Gut, die Debatte kommt wieder, irgendwann wird sie wohl geführt werden. Aber der Eindruck, der vom Montag hängen bleibt, ist der von Parteipolitik as usual. Beide Seiten, Demokraten wie insbesondere Republikaner, führen damit all die ach so besorgte Schwerstrhetorik, die sie in der öffentlichen Rede so gern pflegen, ad absurdum.
Kühl analysiert bleibt einfach festzustellen, dass die Hoffnungen der Demokraten, über die Kriegsfrage die bleierne republikanische Einheit knacken zu können, sich nicht erfüllen. Und die eigene Mehrheit ist zu klein, um dagegen anstinken zu können. Die Message vom Montag: Vergesst den Kongress. BERND PICKERT
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