Repressionen gegen Oppositionelle im Iran: Prominenter Anwalt festgenommen
Abdolfattah Soltani verteidigte Schirin Ebadi und andere Regimekritiker - nun wurde er verhaftet. Seine Frau weiß nicht, wo er ist. Soltanis Schicksal teilen viele.
BERLIN taz | Der prominente iranische Anwalt Abdolfattah Soltani ist am Samstag in Teheran von Sicherheitsbeamten festgenommen worden. Seine Frau, Masumeh Dehghan, sagte in einem Interview mit der BBC: "Heute kam mein Mann, begleitet von vier Personen, nach Hause. Die vier gingen in sein Arbeitszimmer, sammelten alle CDs und Unterlagen ein, nahmen sogar die Computer der Kinder mit." Fast vier Stunden lang hätten die Männer die Wohnung durchsucht, danach hätten sie gemeinsam mit ihrem Mann die Wohnung verlassen. "Ich habe keine Ahnung, wohin sie meinen Mann gebracht haben", sagte Dehghan.
Soltani vertritt seit Jahren bekannte Oppositionelle. Zu seinen Mandanten gehörten unter anderem die Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, der populäre Journalist Akbar Gandji und die Eltern der in Untersuchungshaft ermordeten kanadisch-iranischen Journalistin Zahra Kazemi.
Soltani gehört auch zu den Gründern des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte im Iran. Er war bereits dreimal in Haft. 2006 wurde er wegen Offenlegung vertraulicher Unterlagen und Propaganda gegen die Islamische Republik festgenommen. Das Revolutionsgericht verurteilte ihn zu fünf Jahren Haft und ebenso langem Berufsverbot. Aber nach 219 Tagen Einzelhaft wurde er von einem Revisionsgericht freigesprochen. 2009 wurde er im Zuge der Unruhen nach der Präsidentenwahl erneut festgenommen und nach drei Monaten gegen eine hohe Kaution freigelassen.
Im Oktober 2009 erhielt Soltani den Internationalen Menschenrechtspreis der Stadt Nürnberg. Da er jedoch Ausreiseverbote hatte, nahm seine Frau den Preis entgegen.
"Mein Vater befand sich beim Revolutionsgericht und wollte dort die Akten seiner Mandanten einsehen, als er von vier Männern abgeholt wurde", sagte die Tochter Maedeh Soltani. Die Männer seien zunächst mit ihm zu seinem Büro gegangen und weil er keinen Schlüssel dabei hatte, hätten sie die Tür aufgebrochen und alle Unterlagen mitgenommen.
In den vergangenen Monaten wurden zahlreiche Anwälte, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten festgenommen. Seit einer Woche befindet sich der bekannte Schriftsteller, Literaturkritiker und Journalist Ali Resa Roschan im Teheraner Evin-Gefängnis. "Wir haben keine Ahnung, warum er verhaftet worden ist. Die Behörden verweigern jede Auskunft," sagte sein in Deutschland lebender Bruder der taz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr