Repräsentantenhaus billigt Schuldendeal: Die größte Hürde ist genommen
Mit klarer Mehrheit stimmt das US-Repräsentantenhaus der Aussetzung der Schuldenobergrenze zu. Widerstand kommt von ganz links und ganz rechts.
Nun muss der Senat dem Vorhaben noch möglichst rasch zustimmen, und Präsident Joe Biden muss das Gesetz unterzeichnen, damit der Regierung nicht das Geld ausgeht. Finanzministerin Janet Yellen hatte gewarnt, dies könnte am kommenden Montag eintreten.
In den USA legt das Parlament in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest und bestimmt, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Diesmal artete das Prozedere aus in erbittertes parteipolitisches Gezerre und ideologische Grabenkämpfe zwischen Demokraten und Republikanern. Die Republikaner verweigerten eine Anhebung der Schuldenobergrenze und verlangten deutliche Kürzungen der staatlichen Ausgaben.
Die Auseinandersetzung löste sowohl national als auch international große Sorgen aus: Denn ein Zahlungsausfall der weltgrößten Volkswirtschaft könnte eine globale Finanzkrise und einen wirtschaftlichen Abschwung auslösen.
Mehr Demokraten als Republikaner stimmen zu
Bidens Regierung und die Republikaner, die im Repräsentantenhaus eine knappe Mehrheit haben, hatten in den vergangenen Wochen in langen und schwierigen Verhandlungen um einen parteiübergreifenden Kompromiss gerungen. Biden und der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, hatten schließlich am Wochenende einen Deal präsentiert. Mit dem Resultat sind viele Politiker sowohl bei Demokraten als auch bei Republikanern zwar unzufrieden, insbesondere am linken beziehungsweise rechten Rand der beiden Parteien.
Angesichts der drohenden dramatischen Konsequenzen durch einen Zahlungsausfall versammelten sich jedoch Abgeordnete aus der Mitte beider Parteien hinter dem Deal und sorgten für eine nötige Mehrheit bei den Abstimmung – wenn auch zum Teil zähneknirschend.
314 Abgeordnete stimmten im Repräsentantenhaus für den Gesetzentwurf: 149 Republikaner und 165 Demokraten. Für McCarthy war das Votum eine wichtige Bewährungsprobe. Der Republikaner sah sich vorab mit dem Widerstand radikaler Mitglieder seiner Fraktion konfrontiert. McCarthy war erst zu Beginn des Jahres nach einem historischen Wahlchaos von seiner Fraktion zum Vorsitzenden der Kammer gewählt worden. Die Turbulenzen hatten seine Position sehr geschwächt.
McCarthy versammelte bei dem Votum nun knappe zwei Drittel seiner Fraktion hinter sich – die Demokraten hatten dies als Latte angesetzt für den Anführer der Mehrheitsfraktion in der Kammer. Wie erwartet verweigerten zugleich Dutzende Republikaner dem Deal ihre Zustimmung: genau 71 Abgeordnete. Am Ende stimmten mehr demokratische als republikanische Abgeordnete für den Kompromiss und verhalfen dem Vorhaben damit zu einer satten parteiübergreifenden Mehrheit.
Zufrieden ist eigentlich niemand
Für Biden und McCarthy ist das zunächst ein Erfolg. Die noch immer beachtliche Zahl an republikanischen Abweichlern könnte McCarthy innerhalb seiner ohnehin zerrissenen Fraktion dennoch Diskussionen bescheren. Einer seiner Kritiker – der republikanische Abgeordnete Dan Bishop, der zuletzt ein Misstrauensvotum gegen McCarthy ins Spiel gebracht hatte – schrieb nach der Abstimmung auf Twitter: „So sieht es aus, wenn das Einparteienkartell das amerikanische Volk verrät.“
Außerdem steht das Votum im Senat noch aus: Der demokratische Mehrheitsführer der Kammer, Chuck Schumer, sagte am Mittwochabend zu, den Entwurf dort möglichst schnell zur Abstimmung zu bringen, um der Frist eines drohenden Zahlungsausfalls am Montag zuvorzukommen.
Bei der Debatte im Repräsentantenhaus brachten viele Abgeordnete beider Fraktionen ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck und betonten, es handele sich keineswegs um eine perfekten, aber dennoch um einen notwendigen Kompromiss. Mehrere Demokraten mahnten, es gehe darum, das Land vor einem Desaster zu bewahren, das die Republikaner durch ihren Widerstand hinaufbeschworen hätten. Mehrere Republikaner betonten dagegen, der Entwurf sei der erste Schritt in die richtige Richtung, um das unkontrollierte Schuldenmachen im Land einzudämmen.
McCarthy beklagte, ausufernde Ausgaben machten die USA auch abhängiger von ausländischen Schuldnern. „Die Ausgabensucht Washingtons fortzusetzen, ist sowohl unverantwortlich als auch einfach falsch“, mahnte er. Das neue Gesetz werde das nicht vollends verhindern. Es sei aber ein erster Schritt, „das Schiff zu wenden“.
Der Kompromiss soll den Umfang des Bundeshaushaltes, den die Demokraten unter Biden vergrößern wollten, faktisch einfrieren. Dafür würden die Budgets vieler Bundesbehörden und Ministerien angepasst. Die Republikaner konnten auch durchsetzen, dass Empfänger bestimmter Sozialleistungen einen Job nachweisen müssen. Die Demokraten wollten die staatlichen Einnahmen eigentlich durch die stärkere Besteuerung von Reichen erhöhen. Dagegen stemmten sich die Republikaner.
Einigen radikalen Republikanern gehen die Einsparungen in dem Deal nicht weit genug. Einige linke Demokraten wiederum beklagen die Kürzungen bei Sozialprogrammen. Und richtig zufrieden sind auch jene Moderaten in der Mitte nicht, die dem Deal am Ende zustimmten.
Biden erklärte: „Keine der beiden Seiten hat alles bekommen, was sie wollte.“ Es handele sich um einen parteiübergreifenden Kompromiss. Das Repräsentantenhaus habe nun aber einen entscheidenden Schritt nach vorne gemacht, um einen Zahlungsausfall zu verhindern.
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