Rente mit 63 Jahren: Sozialverbände ziehen vor Gericht
Der SoVD und der VdK Deutschland kündigen zwei Verfassungsbeschwerden an. Denn das Rentengesetz berücksichtigt Arbeitslosigkeit vor der Rente nicht.
Sie wenden sich gegen zwei Urteile des Bundessozialgerichtes. Das höchste Sozialgericht hatte keine Einwände dagegen, dass für den Rentenanspruch Zeiten der Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nur ausnahmsweise bei Insolvenz oder Geschäftsaufgabe berücksichtigt werden. (Az: B 5 R 8/16 R und Az: B 5 R 16/16 R)
„Es ist völlig unverständlich, dass ein Arbeitsplatzverlust nur bei Insolvenz und Geschäftsaufgabe zur abschlagsfreien Rente führen kann. Wir sehen in dieser willkürlichen Ungleichbehandlung bei der Bewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz“, erklärte Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland. Das Gesetz berücksichtigt unverschuldete Zeiten der Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahren vor der Rente nicht.
Der Gesetzgeber habe über das Ziel hinausgeschossen, rügte SoVD-Präsident Adolf Bauer. Das müssten jene Arbeitnehmer ausbaden, die kurz vor der Rente unverschuldet in Arbeitslosigkeit geraten, soweit das nicht Folge einer Insolvenz oder Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers sei. Deshalb seien die Verfassungsbeschwerden erforderlich, sagte Bauer.
Seit dem 1. Juli 2014 können langjährig Versicherte bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres abschlagsfrei in Rente gehen. Dafür muss unter anderem neben den Pflichtbeitragszeiten und weiteren Kriterien die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt sein. Alle Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld zählen hier mit, allerdings nicht die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn. Hier gibt es lediglich zwei Ausnahmen: Entweder ist die Arbeitslosigkeit Folge einer Insolvenz des Arbeitgebers oder dieser hat sein Geschäft oder Unternehmen vollständig aufgegeben. Nur dann wird die Arbeitslosigkeit des Versicherten auf die Wartezeit angerechnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren