Renovierung der Stasizentrale: Streit um Mielkes Erbe
Das Haus 1, Erich Mielkes einstiges Hauptquartier, wird saniert: "Kaputtsaniert" sagen Grüne und bürgerbewegte Museumsleute, "denkmalgerecht", kontert der Bund.
In Erich Mielkes einstigem Hauptquartier gehen frühere Bürgerrechtler wieder auf die Barrikaden. Nach Ansicht von Andreas Otto, Grünen-Politiker aus Pankow, sowie Mitgliedern des Stasi-Museums und dem Trägerverein Antistalinistische Aktion (Astak) besteht die Gefahr, dass bei der gerade begonnenen Renovierung von "Haus 1" - Mielkes Amtssitz in der Normannenstraße - dieses "kaputtsaniert wird". Das denkmalgeschützte Gebäude aus den 50er Jahren verliere durch die Umbauten seinen "authentischen" Charakter, so Otto zur taz.
Zugleich äußerten die Kritiker die Sorge, dass der Bund aus dem Haus 1 eine "nationale Gedenkstätte" und ein Dokumentationszentrum der Birthler-Behörde machen möchte. Die bisherigen Mieter und Initiativen - wie das Stasi-Museum Berlin, der Verein Astak - sowie die Ausstellung originaler Räume und Objekte kämen dann zu kurz. Das langjährige Stasi-Museum solle wohl zum Anhängsel der Gedenkstätte werden, warnte dessen Direktor Jörg Drieselmann.
Der Bund als Bauherr sowie der Senat widersprechen diesen Befürchtungen. Das Gebäude werde "denkmalgerecht" und "behutsam restauriert", betonte Kulturstaatssekretär André Schmitz. Alle bisherigen Nutzer würden nach der Sanierung in das Konzept miteinbezogen.
Im Haus 1, mitten im weitläufigen Stasi-Block zwischen Rusche- und Normannenstraße gelegen, befand sich bis 1989 die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Nach deren Erstürmung und Auflösung 1990 entstand dort das Stasi-Museum. Die "Mielke-Suite" mit Möbeln und 007-Accessoires des Ost-Oberspitzels waren zu ebenfalls zu besichtigen.
Seit Sommer 2010 ist das Haus geschlossen. Geplant ist, es bis Ende 2011 für 9,5 Millionen Euro zu sanieren. Nach langem Hin und Her war im August das Stasi-Museum ein Nachbargebäude einquartiert worden.
Richtig an Ottos Vorwurf ist, dass Mielkes Haus 1 "umfassend renoviert" wird, wie der Bund zugibt. Der Bau ist leer geräumt, es gibt "Eingriffe in die Originalsubstanz". Die Keller und das Dach werden instand gesetzt. Brandschutzmaßnahmen und der Einbau von neuen Treppenhäusern sind vorgesehen. Dass dabei die alten Tapeten und muffige Mielke-Plaste leiden dürften, ist evident.
Es habe der gemeinsame Wunsch vom Bund und von Bürgerrechtlern bestanden, das Gebäude wegen seiner "historischen und emotionalen Bedeutung" zu erhalten, erinnert der Grünen-Politiker, der lange Zeit Geschäftsführer der Robert-Havemann-Gesellschaft war. "Was jetzt passiert, ist etwas anderes. Bis auf die Mielke-Räume wird wahrscheinlich alles Historische wegsaniert." Beim Umbau fehle es der zuständigen Immobiliengesellschaft Bima an "Sensibilität". Er forderte den Bund auf, "einzuschreiten". Zudem müsse das Nutzungskonzept geklärt werden.
Hagen-Philipp Wolf aus dem Hause des zuständigen Kulturstaatsministers Bernd Neumann (CDU) findet die Kritik weit überzogen. Der Bau werde nach den Vorgaben des Denkmalschutzes saniert, sagte Wolf der taz. Der bestehende Charakter soll - bis auf kleine "museumspädagogische Veränderungen" - erhalten werden".
Zugleich ermahnte Wolf die Astak, die Deutungshoheit der DDR-Geschichte sowie die Raumhoheit im Hause nicht für sich allein zu beanspruchen. Bis zur Wiedereröffnung des Baus 2011 werde ein "gemeinsames inhaltliches und Nutzungskonzept zwischen dem Bund, dem Museum und anderem zu erarbeiten sein". Man setzte auf "Synergien" zwischen den Akteuren, wolle aber das Projekt auf eine "neue wissenschaftliche, professionelle" Stufe heben. Wolf: "Nur Einzelwünsche wird es zukünftig nicht mehr geben."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!