Renaissance der Atomkraft: Strahlender Guttenberg
Mit Steuergeldern in Millionenhöhe will Wirtschaftsminister Guttenberg moderne Reaktoren erproben. Dabei erklärt die Union eigentlich, dass sie keine neuen Meiler in Deutschland bauen wolle.
"Entwicklung von Rechenmethoden zur Sicherheitsbewertung fortgeschrittener Reaktorkonzepte" heißt ein Programm, das Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) aufgelegt hat. Für 1,3 Millionen Euro sollen Experten der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) prüfen, was von den neuesten Atomtechnologien zu halten ist. Pikant an dem auf drei Jahre ausgelegten Auftrag: Er beginnt am 1. Oktober, vier Tage nach der Bundestagswahl.
Damit ist die Debatte um die Atomkraft neu angefacht. Erst am Mittwoch war ein "Konzept für ein integriertes Energieforschungsprogramm für Deutschland" aus dem Bundesforschungsministerium bekannt geworden, in dem der Bau neuer Atomkraftwerke in Deutschland empfohlen wird. Die "Kernkraft" biete trotz unbestreitbarer Risiken "eine kostengünstige und konsensfähige Grundlast-Stromversorgung ohne CO2-Ausstoß", heißt es im Konzept.
Im Herbst 2008 hatte das Haus von CDU-Forschungsministerin Annette Schavan dafür etwa 100 Wissenschaftler der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften, der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften beauftragt. Ursprünglich sollte ihr Konzept erst nach der Wahl Mitte Oktober in Berlin vorgestellt werden. Die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften begründete den Termin nach der Wahl: Es gebe die "Befürchtung, die sachliche Erörterung wissenschaftlich basierter Szenarien zur Energiepolitik könnte im Wahlkampf in erster Linie unter parteipolitischen Gesichtspunkten genutzt werden".
Genau das ist nun passiert: "Die CDU verschweigt ihre wahren Absichten", erklärte die rheinland-pfälzische Umweltministerin Margit Conrad (SPD). Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, auch SPD, meinte: "Herr zu Guttenberg, Frau Schavan und Frau Merkel versuchen die Öffentlichkeit zu täuschen." Und der energiepolitische Sprecher der Linken, Hans-Kurt Hill, sagte: "Das ist Wählertäuschung." Die Union beeilte sich am Freitag mit Dementis: "Es wird mit der Union keine neuen Kernkraftwerke in Deutschland geben", erklärte Wirtschaftsminister zu Guttenberg. "Wir tun gut daran, uns auf dem Laufenden zu halten, was die Sicherheit auch von Kraftwerkstypen betrifft, die im benachbarten Ausland betrieben werden. Und genau das wird in der GRS betrieben, in der das Umweltministerium den Aufsichtsratsvorsitz innehat." Nach dem Auftrag befragt, erklärte Kanzlerin Angela Merkel: "Kenn ich nicht, will ich nicht!" Für die Union gelte: "Wir wollen keine neuen Kernkraftwerke."
Unterdessen hat Greenpeace beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München eine Untätigkeitsklage gegen die Atomaufsicht wegen des Betriebs des AKW Isar 1 eingereicht. Die Umweltschützer verlangen, dass das AKW abgeschaltet wird, weil es nahe Landshut nicht gegen einen Flugzeugabsturz geschützt ist.
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