Religion und Sport in Israel: Erst in die Synagoge, dann ins Stadion
In Israel wird heftig darüber gestritten, ob am Schabbat auch künftig Fußball gespielt werden darf. Die Kicker mit Kipa sind kategorisch dagegen.
Ofer Eini, Chef vom nationalen Fußballverband (IFA), lief Sturm und kündigte einen Generalstreik an. Wenn die Fussballer nicht am Schabbat spielen dürften, würden sie es überhaupt nicht mehr tun. Eini ist erfahrener Gewerkschafter, der weiß, wie man Streiks organisiert. Oberstaatsanwalt Jehuda Weinstein lenkte ein und gab zunächst grünes Licht für die Spiele an diesem Wochenende. Ein Sonderausschuss unter Vorsitz von Kultur- und Sportministerin Miri Regev soll nun binnen 60 Tage eine für beide Seiten befriedigende Kompromislösung zu finden.
Eigentlich ist nicht die Sportminsterin, sondern der Wirtschaftsminister zuständig, denn hier geht es um ein Arbeitsrecht. Israels Sinfonieorchester beispielsweise halten es schon lange so, Konzerte am Samstagabend erst nach 21 Uhr beginnen zu lassen, um betroffene Musiker nicht in Schwierigkeiten zu bringen.
Dumm für die Fußballfans ist, dass gerade jetzt das Wirtschaftsministerium von dem ultraorthodoxen Schass-Politiker Arie Deri geleitet wird. Zu Deris Wählerklientel gehören nicht wenige, die die Spiele der Liga bislang regelmäßig verpassten, weil der Rabbi sie zum Gebet rief. Nicht bevor drei Sterne am Himmel stehen, darf, wer den frommen Regeln folgt, sein Auto starten. Ein Anpfiff erst nach Sonnenuntergang macht wiederum dem jungen Publikum das Leben schwer, das am Sonntag in der Früh schon wieder in die Schule gehen muss.
30.000 Kinder betroffen
Betroffen wären, sollte das Urteil konsequent umgesetzt werden, beträfe das auch die aktiven Amateursportler. 30.000 Kinder, so warnt IFA-Chef Eini, spielen samstags Fußball. Der „Status quo, seit Jahrzehnten“, erläuterte Staatspräsident Reuven Rivlin sei es, „am Schabbat erst in die Synagoge zu gehen und anschließend ins Stadion“.
Daran sollte nicht gerüttelt werden, findet Rivlin, der selbst zwar koscher isst und wie die meisten Israelis am Jom Kippur fastet, trotzdem aber als begeisterter Fußballfan selten ein Spiel seiner Lieblingsmannschaft „Bejtar Jeruschalajim“ auslässt. Außerdem denkt der Präsident auch an die Minderheiten. Beim Fußball sind Israels Araber weit vorn, vor allem der FC „Söhne Sachnins“.
Die Muslime halten sich aus dem Konflikt zwischen Israels frommen und weltlichen Juden heraus. Als sei die Liste der Konfliktthemen nicht schon lang genug. Im Staat der Juden wird gestritten über das Monopol in Sachen Familienrecht, über öffentliche Gelder für Schulen, die zwar Mathematik und Englisch nicht im Lehrplan haben, dafür aber umso intensiver den Talmud lehren, über Wehrpflicht auch für Orthodoxe, über den öffentlichen Transport am Wochenende und die Öffnung von Restaurants und Kino.
Die Zeit arbeitet für die Frommen. Schon heute macht die Gruppe der orthodoxen Juden im Land ein Fünftel der Gesamtbevölkerung aus und sie wächst rasant weiter. „Gehet hin und mehret Euch“, ist schließlich eins der göttlichen Gebote. Bevor es zu spät ist, sollte in Israel eine Trennung festgelegt werden zwischen Staat und Religion, sagen die einen, während die anderen die Tora höher halten als das Staatsrecht und froh wären, wenn das alle täten. Erst wenn die Juden den Schabbat ehren, soll der Messias kommen, auf den sie so dringend warten.
Noch ist Geduld angesagt, denn an diesem Schabbat soll gespielt werden. Es sei denn, Syrien macht den Fans einen Strich durch die Rechnung. Die dicken Sandwolken, die seit Tagen vom nordöstlichen Nachbarn her über Israel hinweg wehen, haben den Fußballverband aus Sorge um die Gesundheit der Kicker am Freitag sämtliche Spiele absagen lassen.
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