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Rekommunalisieruing der AbfallwirtschaftMüll soll wieder in Volkes Hand

Die Umweltpolitiker wollen die Müllentsorgung wieder in die kommunale Hand nehmen – wenn es denn geht.

Müllwerker: Nehlsen oder Nicht-Nehlsen? Bild: ENO

BREMEN taz | Die rot-grüne Mehrheit in der Bremischen Bürgerschaft hat in der Debatte um die Probleme der Stadtgrün- und Friedhofs-Pflege einen auffallend merkwürdigen Satz beschlossen: „Zu beachten sind dabei auch die Herausforderungen und Chancen, die sich aus dem Auslaufen der Konzessionsverträge für die Abfallentsorgung und Straßenreinigung im Jahr 2018 für den UBB ergeben.“ Bitte wie?

UBB, das ist das Kürzel für den kommunalen „Umweltbetrieb Bremen“, und zum UBB gehören seit drei Jahren auch die „Bremer Entsorgungsbetriebe“ BEB, die die Müllgebühren einsammeln und weitergeben an die Firma ENO. Der privaten ENO wurde 1993 die Konzession für Abfallentsorgung und Straßenreinigung übertragen.

Die Mitarbeiter des Umweltbetriebes haben sich schon 2010 gegen die Verschmelzung heftig gewehrt, der Umweltsenator hat sie aber durchgezogen. Bis heute ist die Stimmung im Betrieb schlecht, der Krankenstand liegt bei 12 Prozent. Ende Mai scheidet Geschäftsführer Klas Röhrs aus, dessen Vertrag gerade 2012 für drei Jahre verlängert wurde. Er fliegt raus, sagen Insider, bisher gab es keine Ausschreibung für einen Nachfolger.

So scheint der gerade „neu aufgestellte“ Umweltbetrieb Bremen ein Beispiel dafür zu sein, dass die Kommune einen Eigenbetrieb im Zweifelsfall nicht gut führen kann. Diese Konzession der ENO, einer inzwischen 100-prozentigen Tochter des Bremer Müllentsorgungs-Konzerns Nehlsen, läuft bis 2018.

„Wenn wir überlegen wollen, ob wie diesen Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge wieder in kommunale Hand nehmen wollen, müssen wir jetzt anfangen darüber zu diskutieren“, sagt der Umweltpolitiker der SPD, Arno Gottschalk. Die Erfahrungen mit der Privatisierung waren nicht so gut, stimmt ihm sein Fraktionsvorsitzender Björn Tschöpe zu.

Das Problem ist kompliziert, zum Beispiel weil auch verantwortliche Politiker wie Gottschalk keinen Einblick in die interne Bilanzen der ENO haben. Die ENO macht gute Gewinne, während die Müllgebühren steigen, sagt der Betriebsrat: Ein kommunaler Betrieb könnte anständige Arbeitsbedingungen anstatt hoher Renditen garantieren und würde zudem 19 Prozent Mehrwertsteuer sparen.

Dennoch gibt es Probleme bei einer Rekommunalisierung: Die Gewerkschaft ÖTV hat damals durchgesetzt, dass die privatisierte ENO Löhne nach dem öffentlichen Tarif zahlen muss. Die Folge: Nehlsen stellt neue Mitarbeiter nur bei eigenen Firmen ein, deren Löhne 20 Prozent niedriger liegen. Wenn die ENO 2018 an die Stadt zurückfallen sollte, ist das Durchschnittsalter seiner Müllwerker 57 Jahre mit hohen Lohnkosten. Und die Führungskräfte sitzen bei anderen Nehlsen-Firmen. „Wenn man einen Bereich privatisiert, verliert man die fachliche Kompetenz in diesem Bereich“, sagt Gottschalk.

Die zuständige Staatsrätin im Umweltressort, Gabriele Friderich, kennt die Problemlage, dennoch will sie die Option einer Rekommunalisierung genau prüfen. Sie war in München für die dortigen Abfallwirtschaftsbetriebe zuständig, selbstverständlich ein rentabler Kommunalbetrieb – in der bayerischen Hauptstadt hat niemand, nicht einmal CSU oder FDP, an Privatisierung gedacht, als in Bremen Tafelsilber verkauft wurde.

Michael Drost, der Pressesprecher der ENO, ist „seit 1993 dabei“, sagt er, „damals hat der SPD-Bürgermeister Henning Scherf erklärt, die kommunale Müllabfuhr sei zu schlecht und zu teuer“. Die ENO erhalte heute sogar unter dem Strich etwas weniger Geld von der Stadt als damals, in anderen Kommunen seien die Müllgebühren zwischenzeitlich bis zu 40 Prozent gestiegen, betont er: „Eine Rekommunalisierung ist Quatsch, weil es sich gezeigt hat, dass Nehlsen die Leistung billiger und besser erbringen kann.“

Da sich gezeigt hat, dass eine Korrektur von Privatisierungsentscheidungen sehr schwer ist und teuer werden kann, will die rot-grüne Koalition nun im Sommer die „Privatisierungsbremse“ beschließen: Privatisierungen von Betrieben der Daseinsvorsorge soll es danach nur geben, wenn eine Volksabstimmung ihr Ja-Wort gibt, jedenfalls wenn es für die Privatisierung „nur“ eine einfache Mehrheit im Parlament gibt. die Grünen haben durchgesetzt, dass eine Volksabstimmung entfallen kann, wenn zwei Drittel der Abgeordneten dafür sind. Das ist ein weitgehend theoretischer Fall, betrifft das Gesetz nur noch Gewoba, BLG und Krankenhäuser – alles andere ist längst privatisiert.

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