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■ Gold glänztReiz und Fluch

Gold – eine glänzende Geldanlage. So warb die Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt, bekannt unter dem Kürzel Degussa, begeistert – aber zu Unrecht. Der Goldpreis ist mit derzeit 327 US-Dollar für die Feinunze (31,1 Gramm) so niedrig wie seit Mitte der 80er Jahre nicht mehr. Trotz einer kleinen Erholung des Preises in den letzten Tagen rät man bei der Deutschen Bank den Kunden nicht dazu, jetzt Gold zu kaufen. „Wo man hinschaut, wird nur von Verkäufen gesprochen“, erzählt ein Analyst. „Das kann natürlich für den Markt nicht gut sein.“

Der Reiz des Goldes ist zugleich sein Fluch: Das Edelmetall ist unverwüstlich. Die Nachfrage nach Gold übersteigt zwar nach wie vor die Produktion; während im Jahr 2.300 Tonnen Gold gefördert werden, vor allem in Südafrika, den USA, Australien und Rußland, werden 3.500 Tonnen jährlich abgesetzt – für Schmuck, die Industrie, Zahnfüllungen und nicht zuletzt als Münzen und Barren. Aber Gold ist nicht knapp. Allein die Zentralbanken haben zehnmal soviel Gold gehortet wie jährlich gefördert wird.

Und die Zentralbanken vieler Länder haben begonnen, den Markt mit Gold zu beliefern. Kein Wunder, liegen doch die Barren zinslos herum. Als Mitte des Monats die australische Zentralbank zugab, schon 167 Tonnen, zwei Drittel ihrer Goldreserven, verkauft zu haben, lagen die Nerven der Goldhändler blank. Zwar hatten vorher auch schon andere Notenbanken Gold bergeweise verkauft, etwa die Niederländer und Belgier. Aber wenn sogar das Goldförderland Australien nun plötzlich das Interesse an hohen Goldpreisen verliert, so die Überlegung vieler Investoren, dann gibt es keine Chance mehr für langfristig hohe Preise. Zudem kündigt sich schon der nächste Schock an: Die Schweiz plant Goldverkäufe für ihren Holocaust-Fonds.

Der mythische Glanz des Goldes beginnt zu verblassen. Noch 1980 sah das anders aus. Als die Sowjetarmee in Afghanistan einmarschierte, flüchteten sich Geldanleger so massenhaft ins Gold, daß dessen Preis auf 850 Dollar pro Feinunze hochschnellte. Gold war ohnehin attraktiv gewesen, weil Geld nicht vor der Inflation sicher war. Vor allem auf den sich entwickelnden Finanzmärkten in Fernost war Gold zudem äußerst wichtig zur Absicherung von Devisen- und Aktiengeschäften. Heutzutage aber machen echte Spekulanten das viel eleganter mit Hilfe von Optionen und anderen Termingeschäften. Die Inflation scheint bis auf weiteres besiegt, und Angst vor den Russen hat keiner mehr.

Nur eine Institution kann völlig ruhig bleiben angesichts der Marktentwicklung: die Bundesbank. Sie bewertet ihre Goldbestände ohnehin zum Einstandspreis von 92 Dollar. Nicola Liebert

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