Reinhard Wolff über den Beginn der norwegischen Walfangsaison: Tierquälerei aus Tradition
Wenn es doch wirklich die Ökonomie wäre. Dann wäre Norwegens Walfang schon längst da, wo der Deutschlands gelandet ist: In Geschichtsbüchern und Museen. Wirtschaftliche Bedeutung hat er nicht mehr, allenfalls ist er ein verzichtbares Zusatzgeschäft für weniger als zwei Dutzend der 6.000 Fischerboote, wie eine schon vor Jahren veröffentlichte Studie konstatierte: Ein mehrwöchiges Beschäftigungsprogramm, dessen Wertschöpfung nicht einmal deckt, was an Subventionen hineingesteckt wird.
Aber es geht eben nicht um Ökonomie. Die Norwegens Waljagd verteidigen, landen schnell beim Argument der „Küstenkultur“. Schon „immer“ habe man hier Wale gejagt. Das sei eben Teil einer Tradition. So spricht in einer aktuellen TV-Dokumentation, die wegen einer Sequenz mit einem Walfötus für Aufregung sorgte, ein Walfänger von der Genugtuung, einen Wal getötet zu haben: „Du hast einen Kampf gewonnen, du bist smarter gewesen als der Wal.“ Walfang als Sport.
Auch in Norwegen hat dieser „Sport“ an Legitimität und Rückhalt verloren, seit er weder als Erwerbszweig eine Rolle spielt, noch der Nahrungsmittelversorgung dient, sondern nur kostet und für stetig wiederkehrende internationale Proteste sorgt. Doch der politische Mut, endlich zu bestimmen, solche Tierquälerei nicht auf ewig zum Kulturerbe zu zählen – der fehlt. Im Gegenteil: Es ist mal wieder Wahljahr, der Küstenbevölkerung werden erweiterte Fangquoten und eine neue Exportinitiative für das unverkäufliche Walfleisch versprochen.
Könnten Reiseveranstalter und Urlauber Oslo nicht dabei helfen, endlich einen Schlussstrich zu ziehen? Vielleicht sollten TouristInnen auf die beliebten Walsafaris verzichten, solange sie nicht sicher sein können, dass da nicht einige Kilometer entfernt gerade ein harpunierter Wal in seinem Blut schwimmt. Und das nur deshalb, „weil wir das schon immer gemacht haben“.
Wirtschaft + Umwelt
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen