: Reiner Zellentausch
In der Türkei droht Ihsan Ersoy sofort die Verhaftung. Nun wollen Menschenrechtler seine Abschiebung verhindern
Der Eingang des Berliner Verwaltungsgerichts ist ein ungewöhnlicher Ort für eine Pressekonferenz. Doch der „FreundInnenkreis Ihsan Ersoy“ hatte ihn am Freitag nicht ohne Grund gewählt. In den nächsten Tagen wird das Gericht entscheiden, ob der türkische Flüchtling Ihsan Ersoy in sein Heimatland abgeschoben wird. „Am Flughafen würde sicher schon die Polizei warten“, ist sich Ersoy sicher.
In der Türkei wurde er zu einer viereinhalbjährigen Haftstrafe wegen Desertion verurteilt. Wegen seiner Mitarbeit in einem linken Kulturvein läuft noch ein weiteres Strafverfahren. „Das ist leider für die zuständigen Gerichte kein Asylgrund“, bedauert Ersoys Verteidiger Ulrich Klinggräff. Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Über einen Nachfolgeantrag ist noch nicht entschieden. Doch eine aufschiebende Wirkung hat das nicht. „Es ist durchaus möglich, dass Ersoy schon längst in türkischer Haft ist, wenn seinem Asylantrag in zweiter Instanz doch noch stattgegeben wird“, sagte ein Vertreter des FreundInnenkreises.
Die Zeit wird knapp. Seit dem 17. Mai sitzt Ersoy in Abschiebehaft. Mit einem Eilantrag will Klinggräff die Abschiebung noch stoppen: „Es ist das letzte juristische Mittel.“ Wird der Antrag abgelehnt, bliebe nur noch eine Petition vor der Härtefallkommission des Berliner Senats. Doch die kümmert sich nur um die Fälle, bei denen zumindest eine gewisse Aussicht auf Erfolg besteht. Ob Ersoy dazu gehört, ist fraglich. Er hat in Berlin eine mehrjährige Haftstrafe wegen Beteiligung an einem Raubüberfall verbüßt. „Dadurch sind die Chancen, die Abschiebung zu verhindern, sehr gering“, so die Einschätzung der Expertin für Flüchtlingsfragen in der Berliner PDS-Fraktion, Karin Hopfmann.
Der FreundInnenkreis will am Sonntag mit einer Solidaritätskundgebung von 14 bis 16 Uhr vor dem Abschiebegefängnis Berlin-Grünau seine Solidaritätsarbeit fortsetzen. Und wenn Ersoys Abschiebung nicht verhindert werden kann, soll eine Delegation in der Türkei beobachten, was dort mit Ersoy geschieht. PETER NOWAK
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