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Reicherts „Horrorliste“

■ SPD: Statt-Position halsstarrig und unintelligent / Nahverkehr einsschränken?

„Da muß einem schon etwas Intelligenteres einfallen, als mit einer Horrorliste durch die Stadt zu laufen“, winkt der Bürgerschafts-Chef der SPD, Günther Elste, die finanzpolitischen Widerworte des kleinen Kooperationspartners Statt Partei ab. Die phantastischen Fünf um Gruppenchef Achim Reichert hatten pünktlich zu Finanzminister Ortwin Rundes Pressekonferenz am Dienstag verkündet, daß sie der Erhöhung der Gewerbesteuer nicht zustimmen werden.

Die Position der Statt Partei und ihres Wirtschaftssenators Erhard Rittershaus ist allerdings schon seit Juni klar: Eine Erhöhung der Gewerbesteuer gefährde den Wirtschaftsstandort Hamburg und komme nicht in Frage. SPD-Chef Elste ist trotzdem erstaunt, denn in den fortlaufenden Haushaltsberatungen der letzten Wochen hätten die Stattis „Beweglichkeit“ signalisiert. Es sei eigentlich üblich, daß strittige Fragen „in der Schlußrunde“ diskutiert würden. „Reichert hat aber jetzt seine Positionen zementierend festgelegt“, nörgelt Elste. „Wir sind doch kein Ableger der SPD“, zeigt Reichert die Zähne. Die Sozis müßten damit leben, daß Statt eigene Positionen hätte.

Zum Beispiel möchten die selbsternannten Querdenker prüfen, „ob eine Ausdünnung des Personennahverkehrs in verkehrsschwachen Zeiten“ möglich ist. Oder das Finanz-Streichkonzert auch auf die „Tabubereiche Polizei, Strafvollzug und Schule“ übergehen kann. „Ich habe mir schon lange den Aberglauben abgewöhnt, daß mit jedem verlorenen Polizisten die innere Sicherheit gefährdet ist“, gesteht Reichert.

Und die BlankeneserInnen können sich ihre Bücher eigentlich selber kaufen, statt sie in der Bücherhalle zu leihen. Das, so Reichert, sind nur einige Ideen; jedem Ressort müßte eine neue Sparquote auferlegt werden und dürfte dann selbst entscheiden.

Der kleine Schönheitsfehler der Statt-Überlegungen: Bei der Gewerbesteuer geht es nicht um weniger Ausgaben, sondern um mehr Einnahmen. Und die Erhöhung der Steuerbelastung für Hamburgische Unternehmen wird als Gesamtpaket „Haushalt '96“ verabschiedet. Heute wird Elste sich den ungehorsamen Statt-Chef Reichert noch mal vorknöpfen. Silke Mertins

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