piwik no script img

Regisseur von "Der Albaner""Moderner Sklavenhandel ist Realität"

Menschen ohne gültige Papiere arbeiten unter übelsten Bedingungen in Deutschland. Die Gesellschaft ignoriere das kollektiv, sagt Regisseur Johannes Naber.

Zehn Jahre Arbeit: Der Film "Der Albaner". Bild: Zorro Film

Johannes Naber will die Zuschauer zur Identifikation mit den "Illegalen" zwingen. Als er Ende der Neunziger mit der Filmhochschule fertig war, ist er nach Berlin-Neukölln gezogen, an den Hermannplatz. Dort traf der Regisseur viele Leute, die keine Aufenthaltsgenehmigung hatte. "Deren Geschichten waren so grausam, so bizarr", erinnert er sich im sonntaz-Gespräch. Er hatte eine Aufgabe gefunden: Im Kino zeigen, wie diese Menschen leben.

Am Donnerstag nun ist sein Film "Der Albaner" in den Kinos angelaufen. Zehn Jahre hat Naber daran gearbeitet. Das Spielfilmdebüt erzählt die Geschichte des jungen Arben, der gern heiraten würde, dafür aber 10.000 Euro braucht, um sie an den Vater der Braut zu zahlen. Das Geld will er in Deutschland verdienen. Damit beginnen die Schwierigkeiten.

"Dass 'Illegale' in der Gastronomie und in der Baubranche arbeiten, damit rechnet man", sagt Naber in der aktuellen sonntaz. "Aber dass Menschen in ihren Heimatländern für Geld an eine 'Arbeitsstelle' in Deutschland vermittelt werden und dann hier erst mal unter grotesken Bedingungen ihre Schulden abarbeiten müssen, das vermutet man höchstens in der Prostitution. Dieser moderne Sklavenhandel ist aber in vielen Branchen in Deutschland Realität. Es ist unfassbar, wie unsere Gesellschaft diese Tatsache ignoriert", findet Naber. Mit seinem Film will er darauf aufmerksam machen.

Um nicht wie ein Besatzer mit seiner Filmcrew in Albanien zum Drehen einzufallen, suchte Naber dort einen Kooperationspartner. Manches kam ihm anfangs sehr wie Vetternwirtschaft vor. "Am Ende war die Frage, ob man für dieses hehre Ziel, eine Koproduktion zu erreichen, um auf Augenhöhe diesen Film zu machen, bereit ist, einen Kompromiss in seiner eigenen moralischen Haltung zu Fragen von Klüngel und Korruption einzugehen", erzählt Naber. "Mir ist dann aber klar geworden, dass auch die deutsche Filmwirtschaft ein einziges großes Roulette der Gefälligkeiten ist, hier wie dort eine Hand die andere wäscht. Was für ein Schwachsinn also, mich moralisch über die Albaner zu erheben."

taz

Das ganze Gespräch und viele weitere interessante Artikel lesen Sie in der sonntaz vom 6./7. August 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an Ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde noch mehr sonntaz auf: facebook.com/sonntaz.

Während der Vorbereitung des Films gab es auch Konflikte mit Nabers Vater, Hermann Naber, ein bekannter Hörspielregisseur. "So, Sohn, du willst jetzt also Regisseur sein?", habe der Vater gefragt. "Sind das deine Geschichten, die du verfilmst, oder schreibt die jemand?" Ich stell mir das schon so vor, dass ich mir die Geschichten ausdenke, habe er geantwortet, erzählt Naber. Dann sagte der Vater: "Glaubst du nicht, dass deine Biografie viel zu langweilig ist, als dass es irgendjemanden interessiert, was du zu erzählen hast?"

Warum Johannes Naber glaubt, dass ihm seine Biografie beim Filmemachen hilft, wie er Hauptdarsteller in Albanien fand, warum eine Schauspielerin plötzlich verschwand und wieso sein Film fast noch anders hätte heißen müssen, das alles erzählt er in der aktuellen sonntaz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • R
    reblek

    "von BerlinMarcus: Klar wird es Fälle geben, aber es sind Einzelfälle! Immer werden solche Schicksale hochgespielt!" - Wahrscheinlich handelt es sich um tausende, wenn nicht mehr "Einzelfälle", weil derartige Ausbeutung nicht nur in diesem Land als "Geschäftszweig" gilt.

  • B
    BerlinMarcus

    Klar wird es Fälle geben, aber es sind Einzelfälle! Immer werden solche Schicksale hochgespielt!

  • M
    maxe1111

    Na, der "Konflikt mit dem Vater" scheint mir weder ein Familien- oder Generationenkonflikt zu sein noch irgend etwas mit dem Filmprojetk zu tun zu haben.

    Wenn der Vater sich tatsächlich so geäußert hat, wie er hier zitiert wird, dann ist er ganz einfach ein bekennendes Arschloch.

     

    Oft ist es so einfach:

    Wer sich wie ein Arschloch benimmt, ist auch eines und gehört auch so behandelt.

    Würde Naber, einen Freund, der das Gleiche zu sagen wagt, auch nur jemals wieder grüßen?

    Wage ich zu bezweifeln...