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Regisseur über Holocaust-Film"Kein Kuckucksnest, Teil 2"

Ein Mann, der einst ein Hund war, trifft einen Hund, der einmal ein Junge war. Ein Gespräch mit Paul Schrader über seinen außergewöhnlichen Holocaust-Film.

Laut Regisseur Schrader geboren für diesen Film: Jeff Goldblum. Bild: promo 3l

"ADAM RESURRECTED"

Israel in den Sechzigerjahren. Adam Stein (Jeff Goldblum) ist der Star unter den Patienten von Doktor Nathan Gross (Derek Jacobi), Leiter eines Sanatoriums für Holocaust-Überlebende. Einst war Stein ein gefeierter Cabaret-Künstler in Berlin. Um dem Tod im Konzentrationslager zu entgehen, musste er jedoch einen Pakt mit dem Teufel eingehen: Er macht sich buchstäblich zum Hund des Kommandanten Klein (Willem Dafoe), der ihn dafür nicht in die Gaskammer schickt. Stein überlebt um den Preis des Verlustes seiner Selbstachtung. Als ein Junge (Tudor Rapiteanu), der glaubt, ein Hund zu sein, in die Heilanstalt eingeliefert wird, muss Stein sich seiner Vergangenheit stellen.

"Adam Resurrected - Ein Leben für ein Leben". Regie: Paul Schrader. Mit Jeff Goldblum, Willem Dafoe u. a. D/USA/Israel 2008, 106 Min.

taz: Herr Schrader, "Adam Resurrected - Ein Leben für ein Leben" ist alles andere als ein typischer Paul-Schrader-Film. Wie sind Sie an dieses Projekt gekommen?

Paul Schrader: Ehud Bleiberg, der israelische Produzent, wollte diesen Stoff schon immer auf die Leinwand bringen. Es ist sein Herzensprojekt. Um ehrlich zu sein, fand ich zu Beginn, dass dieser Film gar nicht zu mir passt. Zum einen bin ich kein Jude. Und es gibt schon so viele Dramen über den Holocaust, dass die Welt keines von mir braucht. Ich dachte also nicht, dass ich es machen würde.

Was oder wer hat Sie umgestimmt?

Ich habe das Skript gelesen und war sofort davon ergriffen. Für mich handelt diese Geschichte davon: Ein Mann, der einst ein Hund war, trifft einen Hund, der einmal ein Junge war. Diese Metapher hat mich fasziniert. Und sie würde auch vor dem Hintergrund eines anderen Traumas funktionieren, nicht nur der Konzentrationslager.

Sie sind selbst ein erfolgreich Drehbuchautor. Wie ist es, den Roman eines anderen verfilmen zu müssen?

Das hängt davon ab, wie viel Respekt man dem Buch entgegenbringt. Wie sehr man sich bemüht, der Vorlage treu zu bleiben. Wenn es ein gutes Buch ist, wird es einem immer über die Schulter schauen.

Sie sind sonst für realistische Filme bekannt. Hier arbeiten Sie mit Elementen des Zauberhaften, mit Flashbacks und einem insgesamt eher irrealen Look.

Ich habe lange mit dem gearbeitet, was man den klassischen Hollywood-Stil nennt. Und bin seiner müde geworden, wie viele andere Regisseure auch. Wir haben die klassische Art zu filmen fünfzig Jahre lang entwickelt und sie in den vergangenen zehn Jahren wieder demontiert. Für diesen Film habe ich einen neuen Stil adaptiert: lange Brennweiten, wacklige Kamera, manchmal passen die Schnitte nicht zueinander.

Was den fantastischen Charakter der Geschichte noch unterstreicht. Bei Adam Stein weiß man nie, ob er tatsächlich magische Kräfte besitzt oder einfach nur ein begnadeter Bühnenkünstler ist.

Der Roman ist ein Beispiel für magischen Realismus. Das Buch ist sehr verwirrend und enthält einiges, das es nicht in den Film geschafft hat. Wir haben eine Szene gedreht, in der Adam Stein den Lagerkommandanten Klein nach dem Krieg bei sich zu Hause hält und ihn in einen jüdischen Gelehrten verwandelt. Er gibt ihm jede Woche einen Pfennig, in einem Kondom. Das haben wir wieder rausgenommen. Das hätte niemand verstanden.

Weil es für einen Film über den Holocaust und dessen Folgen unangemessen wäre?

Wenn Leute ein Problem mit dem Film haben, dann, weil er zwei Regeln verletzt: Erstens sind praktisch alle Holocaust-Filme realistisch. Sie berichten von Ereignissen, die tatsächlich passiert sind. Und zweitens sind sie ehrfurchtsvoll. Das Buch von Yoram Kaniuk ist weder das eine noch das andere. Man muss es im Kontext einer Reihe von Büchern sehen, die in den Sechzigerjahren geschrieben wurden, wie "Catch 22", "Slaughterhouse Five" oder "MASH". Bücher, die mit schwarzem Humor und einer zynischen Einstellung auf den Krieg blickten.

Wann wussten Sie, dass Jeff Goldblum die Hauptrolle übernehmen musste?

Ab Seite 50 des Drehbuchs. Ich saß in meinem Wohnzimmer und sagte meiner Frau, dass ich gerade ein Drehbuch lese, für das nur Jeff Goldblum infrage komme. Er wurde geboren, um diese Rolle zu spielen.

Er hat nicht nur die Hauptrolle, er dominiert den Film geradezu.

Wenn ein Schauspieler in einem meiner Filme in jeder Szene vorkommt, sage ich ihm: Nur weil ständig derselbe Darsteller zu sehen ist, muss er nicht immer dieselbe Person sein. Ich wollte auch keinen Film über eine Nervenklinik machen, in dem man jeden einzelnen Insassen kennenlernt. Kein "Kuckucksnest, Teil 2".

Angefangen von "Taxi Driver", zu dem Sie das Drehbuch verfasst haben, über den "American Gigolo" Richard Gere bis hin zu Adam Stein porträtieren Sie stets einsame Männer. Obwohl Adam der Star des Hauses ist, ist er allein. Nur mit dem Jungen, der sich für einen Hund hält, hat er eine echte Beziehung.

In seiner Einsamkeit weiß Adam Stein nicht, was er mit dem Jungen anfangen soll. Im Buch verprügelt er ihn einmal. Das ist nicht die Geschichte vom guten Arzt und dem wilden Jungen. Es ist eine seltsame Beziehung. Er ist eifersüchtig auf den Jungen, er ist wütend auf ihn und er liebt ihn.

Was wird Ihr nächstes Projekt sein?

Ich habe ein Drehbuch geschrieben, einen CIA-Thriller, den jemand anders verfilmen wird. Es ist eine Auftragsarbeit, etwas, das ich zum Geldverdienen gemacht habe. Zum Glück habe ich es vor dem allgemeinen Zusammenbruch verkauft. Ich glaube nicht, dass ich heute noch einen guten Preis dafür bekommen würde!

Sie haben in den Siebzigerjahren die Filmindustrie schon einmal in der Krise erlebt.

Anfang der Siebzigerjahre war die Krise eine Krise des Inhalts. Die Bürgerrechtsbewegung, Drogenkonsum, Kriegsgegner, Frauenrechte, auf all das war Hollywood nicht vorbereitet. Wir haben neue Figuren erschaffen, Antihelden, und neue Themen auf die Leinwand gebracht. Für rund fünfzehn Jahre haben wir interessante Filme gemacht. Heute erlebt die Filmindustrie wieder eine Krise, nur geht es nicht mehr um den Inhalt, sondern um die Form. Wir wissen nicht mehr, was Filme sind. Wir wissen nicht, wie man sie anschauen soll, wir wissen nicht, ob sie interaktiv sein sollen, ob sie zwei- oder dreidimensional sind, ob man sie auf einem Mobiltelefon oder auf dem Computer ansieht.

Wir befinden uns also in einer Krise. Aber die ist nicht annähernd so interessant wie eine Krise des Inhalts. Diese Krise der Form betrifft alles. Der Film, wie wir ihn kennen, ist jedenfalls an seinem Ende. Er gehört dem 20. Jahrhundert an. Und wir wissen nicht, was als Nächstes kommt. Und schlimmer noch: Keiner weiß, wie man mit den neuen Medien Einkünfte erzielen soll.

Liegt darin keine Chance?

Ich selbst wüsste nicht, wie ich heute in der Filmindustrie etwas anfangen sollte. Mein Assistent allerdings, der gerade erst seine Filmschule abgeschlossen hat und Filme für das Internet macht, kann es gar nicht abwarten, dass die gesamte Branche zusammenbricht!

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