Regierungswechsel in Italien: Vorschusslorbeeren für Monti
Die Ernennung von Monti zum Regierungschef ist nur der Anfang. Die EU macht deutlich, dass sie bei der vereinbarten wirtschaftspolitischen Überwachung Italiens bleiben werde.
BRÜSSEL/ROM dpa/rtr | Die EU hat die Nominierung des früheren EU-Kommissars Mario Monti zum neuen italienische Ministerpräsidenten begrüßt. Dies sei nach der Verabschiedung der Spargesetze in Italien ein weiteres ermutigendes Signal zur Krisenüberwindung, teilten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Sonntagabend in Brüssel mit.
Beide EU-Spitzen machten deutlich, dass die Ernennung Montis nichts an der vereinbarten wirtschaftspolitischen Überwachung Italiens durch die Europäische Union ändern werde.
"Wie beim Gipfel der Euroländer am 26. Oktober vereinbart, wird die Kommission weiter die Umsetzung der von Italien ergriffenen Maßnahmen zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung prüfen." Kommissionsexperten sind bereits seit vergangener Woche in Rom, um die Bücher zu untersuchen.
Finanzmärkte reagierten positiv
Auch die Finanzmärkte reagierten mit Erleichterung und Vorschusslorbeeren auf die Nominierung Montis. An den Börsen Asiens legten Montagfrüh die Kurse zu. Auch der Euro erholte sich. Investoren hoffen, dass die beiden hoch verschuldeten Euro-Länder nun zügig entschlossene Reformen angehen werden und damit ein Zusammenbruch der Euro-Zone verhindert wird.
Monti hatte am Sonntagabend von Staatspräsident Giorgio Napolitano den Auftrag erhalten, eine Regierung zu bilden. Monti nahm die Aufgabe "unter Vorbehalt" an. Er soll das hoch verschuldete Land aus der Krise führen. Notwendig seien Konsultationen, die er schnell, aber sorgfältig ausführen wolle. "Ich werde zum Präsidenten zurückkehren, sobald ich in der Lage bin, diesen Vorbehalt aufzulösen", sagte Monti. Italien müsse in Europa ein Element der Stärke und nicht der Schwäche sein. Das Land werde in einer gemeinsamen Anstrengung aus der Notlage herausfinden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erhofft sich von einer raschen Neuordnung in Rom einen stabilisierenden Effekt auf die Eurozone. "Ich denke, dass wir in den nächsten Tagen eine Regierungsbildung haben werden", sagte sie am Sonntag in Leipzig.
Silvio Berlusconi war am Samstagabend wie angekündigt als Ministerpräsident zurückgetreten, nachdem das Abgeordnetenhaus ein von der EU verlangtes Sparpaket gebilligt hatte. Aus der Politik verabschieden will er sich aber nicht. Der Chef seiner Partei Volk der Freiheit (PdL), Angelino Alfano, meinte, Berlusconi werde wohl den PdL-Vorsitz übernehmen. Er werde mit doppelter Kraft politisch im Parlament weitermachen, kündigte Berlusconi am Abend in einer TV-Botschaft an.
Als letzter Akt der Regierung Berlusconi war am Samstag ein Gesetzespaket gegen die Schuldenkrise verabschiedet worden. Vorgesehen sind Steuererleichterungen zur Förderung des Wachstums, der Verkauf von Staatseigentum zum Abbau der Schulden und eine Anhebung des Rentenalters auf 67 bis 2026.
Berlusconis Rücktritt wird in Italien als Ende einer Epoche gewertet: 17 Jahre lang prägte der "Cavaliere" politisch das Geschehen in seinem Land. "Heute ist der Tag der Befreiung Italiens", meinte der Chef der größten Oppositionspartei PD (Demokratische Partei), Pierluigi Bersani, zu dem Rücktritt, den die Gegner seit langem von dem umstrittenen Berlusconi verlangt hatten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören