Regierungskrise in Italien: Prodi will Vertrauensfrage stellen
Weil ein Koalitionspartner aus der Regierung austritt, steht Ministerpräsident Prodi ohne Mehrheit da. Darum will er die Vertrauensfrage stellen.
ROM ap/dpa/rtr/taz In Italien könnte es zu einem Regierungsbruch kommen. Denn nach dem Austritt eines Koalitionspartners aus der Regierung will Italiens Ministerpräsident Romano Prodi die Vertrauensfrage stellen. Die Abstimmung könne bereits am Mittwoch stattfinden, meldete die Nachrichtenagentur Ansa.
Es ist die kleine christliche Partei Union der Demokratie für Europa (Pop.-UDEUR), die sich aus der Mitte-Links-Regierung Prodis zurückzieht. Anlass dafür war der Rücktritt des früheren Justizministers Clemente Mastella, gegen den wegen eines Korruptionsskandals ermittelt wird. Damit verliert die Mitte-Links-Regierung von Prodi die Mehrheit im Senat, dem Oberhaus des italienischen Parlaments.
"Diese Mehrheit existiert nicht mehr. Diese Mitte-Links-Regierung ist beendet", sagte Mastella auf einer Pressekonferenz. Seine christliche Partei Udeur setze sich daher für Neuwahlen ein. Sollte es eine Vertrauensabstimmung geben, werde seine Partei gegen die Regierung stimmen, erklärte Mastella weiter. Seine Entscheidung begründete der Exminister mit "fehlender Solidarität" von Prodis Mitte-links-Verbündeten in dem Korruptionsskandal.
Dass Prodis 20 Monate alte Regierung diese Abstimmung übersteht, gilt als unwahrscheinlich - er müsste zurücktreten.
Prodi beriet noch am Montagabend mit Vertrauten über die politische Lage und wollte am Dienstag eine Rede vor der Abgeordnetenkammer halten. Der Regierungschef "wird die Krise in die Hand des Parlaments legen", sagte Senator Roberto Manzione.
Der Führer der Mitte-rechts-Opposition, Silvio Berlusconi, der 2006 von Prodi besiegt wurde, stellt sich schon ganz auf Neuwahlen ein. "Wir müssen im Frühjahr an die Wahlurnen zurückkehren", forderte er in seinem Privatsender Mediaset Channel 5 TV.
Mastella war vergangene Woche zurückgetreten, weil die italienischen Behörden eine Untersuchung gegen ihn und seine Frau wegen Korruptionsvorwürfen eingeleitet hatten (taz.de berichtete). Kurz darauf kündigte er zunächst noch an, er wolle Prodi weiterhin unterstützen. Diese Entscheidung machte er nun rückgängig.
Am Mittwoch stimmt der Senat, in dem Prodis Koalition wegen der knappen Mehrheit wiederholt auf Stimmen der Senatoren auf Lebenszeit angewiesen war, über einen Misstrauensantrag gegen Umweltminister Alfonso Pecoraro Scanio wegen der Müllkrise in Neapel ab.
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