Regierungskrise in Italien: Rebellion und Gehorsam

Berlusconis Strategie droht zu scheitern. Zwar sind seine Minister zurückgetreten, doch seine Partei steht vor der Spaltung. Ministerpräsident Letta hofft auf Abweichler.

In Rom wird ordentlich für Wirbel gesorgt. Bild: dpa

ROM afp/rtr/taz | Nach dem Rücktritt der Minister der Partei des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconis wächst in ihren Rängen der Unmut. In Italien gebe es „eine Partei, bei der man sich zu fünft zum Essen trifft und entscheidet, die Regierung zu stürzen“, sagte der Minister Gaetano Quagliariello von Berlusconis Volk der Freiheit (PdL) am Montag.

Alle fünf PdL-Minister, die am Samstag auf Druck Berlusconis ihren Rücktritt eingereicht hatten, äußerten ihre Unzufriedenheit über die überraschende Entscheidung, die von Berlusconi mit einer Handvoll Berater getroffen worden war. Selbst Vize-Ministerpräsident Angelino Alfano, der als Berlusconis Kronprinz in der PdL gilt, äußerte sich kritisch zu dem Schritt.

Der Rücktritt der fünf Minister droht die ohnehin instabile Koalition von Ministerpräsident Enrico Letta zu sprengen. Dieser will am Mittwoch in beiden Kammern des Parlaments die Vertrauensfrage stellen. Während seine gemäßigt linke Partito Democratico (PD) zusammen mit der linken Sinistra Ecologia Libertà (SEL – Linke, Ökologie, Freiheit) im Abgeordnetenhaus noch eine Mehrheit besitzt, muss Letta im Senat nach neuen Verbündeten suchen.

Seine Hoffnung ist, sich bei der Abstimmung die Stimmen eines Teils der unzufriedenen PdL-Abgeordneten zu sichern, um mit der Zentrumspartei seines Vorgängers, Mario Monti, eine neue Koalition zu bilden. Am Montag wollten die PdL-Abgeordneten über ihre Haltung diskutieren.

Auch eine Spaltung der PdL scheint derzeit möglich. Bis zu 20 Senatoren hätten angekündigt, sie wollten eine eigene Partei gründen, sagte ein PDL-Spitzenpolitiker am Montag vor einem Krisentreffen mit Berlusconi. Denkbar ist auch, dass der harte Kern der Berlusconi-Anhänger in die kürzlich von ihm wiederbelebte Partei Forza Italia wechseln könnte, während die Moderaten in der PdL blieben.

Schlechte Zeiten für Italien und Berlusconi

Angesichts der Regierungskrise rutschten die Aktienkurse an der Börse in Mailand ins Minus. Der Leitindex FTSE Mib gab am Montagmorgen bei Beginn des Handels um mehr als zwei Prozentpunkte nach. Zugleich stiegen die Zinsen für Staatsanleihen.

Die Stimmungslage ist für Berlusconi derweil so ungünstig wie nie. Die Zeitung La Stampa schrieb, noch nie sei der Dissens „der Welt Berlusconis“ mit ihm so groß gewesen. Die Frage sei nun, wie weit „der blinde und absolute Gehorsam“ reichen werde. Zahlreiche PdL-Angeordnete spürten, dass ihre Wähler das Manöver Berlusconis nicht verstünden - oder schlimmer noch: es verstünden als Reaktion auf seine Probleme mit der Justiz, schrieb La Stampa.

Berlusconi droht nach seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs der Ausschluss aus dem Senat und letztlich aus der Politik. Die Zeitung Corriere della Sera bemerkte dazu, seine Entscheidung habe „den bitteren Geschmack einer irrationalen und verzweifelten Geste“. Sie nutze ihm nichts, da sie sein rechtliches Schicksal nicht ändere, stattdessen „ein erneut zur Geisel genommenes Land an den Rand des Abgrunds“ führe.

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