Regierungskrise in Estland: Ratas kündigt Rücktritt an
Estlands Ministerpräsident Jüri Ratas wird Korruption vorgeworfen. Wegen eines staatlichen Kredits für ein Immobilienprojekt laufen Ermittlungen.
„In der Politik müssen sehr schwierige Entscheidungen getroffen werden, um schwierige Situationen zu lösen“, sagte Ratas in einer Erklärung vor der Presse. Die Entscheidung zum Rücktritt sei nach Beratungen mit seiner Partei getroffen worden. Ratas betonte, der Verdacht der Staatsanwaltschaft bedeute nicht, dass jemand bereits endgültig schuldig sei. Der Verdacht werfe aber unweigerlich einen sehr ernsthaften Schatten auf alle Beteiligten.
Hintergrund der Ermittlungen ist ein Darlehen in Höhe von knapp 40 Millionen Euro, das Kredex im Sommer 2020 für die Entwicklung eines großangelegten Immobilienprojekts in Tallinn gewährt hat. Der Entscheidung sollen unerlaubte Absprachen vorausgegangen sein. Unter den Verdächtigen sind Zentrumspartei-Generalsekretär Mihhail Korb, die Partei selbst wird als juristische Person verdächtigt. Am Dienstag wurden außerdem vier Personen vorläufig festgenommen.
Ratas beteuerte, nicht über die Einzelheiten des umstrittenen Darlehens informiert gewesen zu sein. „Ich kann mit voller Sicherheit sagen, dass ich als Ministerpräsident keine einzige böswillige oder wissentlich falsche Entscheidung getroffen habe“, sagt er.
Ratas regiert in Estland mit seiner linksgerichteten Zentrumspartei in einem Dreierbündnis mit der rechtspopulistischen Estnischen Konservativen Volkspartei (EKRE) und der konservativen Partei Isamaa. Er amtiert seit 2016 als Regierungschef.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Der alte neue Präsident der USA
Trump, der Drachentöter