Regierungsbildung in Hessen: Ab jetzt wird gestritten
Beim dritten Sondierungsgespräch sprechen CDU und Grüne erstmals auch über Streitpunkte: Ein Knackpunkt dürfte der Frankfurter Flughafen werden.
WIESBADEN taz | Das dritte Sondierungsgespräch zwischen CDU und Grünen in Hessen am Monatg endete mit der Nachricht, dass es in zwei Wochen eine vierte Runde gehen würde. Bemerkenswert war allein schon die Tatsache, dass sich die Delegationen im hessischen Landtag überhaupt zu einem dritten Runde getroffen hatten.
In den beiden ersten Treffen war es – erfolgreich – um eine Annäherung der beiden gerade in Hessen tief verfeindeten Parteien gegangen. Besprochen wurden nur Themen, in denen CDU und Grüne ohnehin eine gemeinsame Wellenlänge haben,wie etwa bei der Betreuungs- oder Schulpolitik.
Am Montag kamen nun die Streitpunkte auf den Tisch. Erstens die Verkehrspolitik, bei der es um Sanierungen und Neubauten von Straßen und Schienen geht. Ein wichtiges Thema für Grünen-Fraktionschef Tarek Al-Wazir, der im Wahlkampf das Amt des Verkehrs- und Umweltministers für sich beansprucht hatte.
Zweitens die Frage, wofür welches Geld ausgegeben wird und wo gespart werden kann. Hier werfen die Grünen der CDU eine Verdoppelung der Verschuldung auf 42 Milliarden Euro sowie die Vorlage eines „unrealistischen“ Haushalts für 2014 vor. Die Finanzen, erklärte Al-Wazir, seien „für alle Parteien ein schwieriges Thema.
Als Knackpunkt hatte sich nun am Montag das dritte Streitthema erwiesen, der Frankfurter Flughafen. Dessen Ausbau wird von der CDU vorangetrieben, während die Grünen wenigstens ein erweitertes Nachtflugverbot anpeilen. Bei der sehr emotional geführten Auseinandersetzung um Fluglärm auf der einen und Wirtschaftsinteressen auf der anderen Seite dürfte es schwierig werden, einen Kompromiss zu finden.
Keine unüberwindlichen Hürden
„Ich bleibe dabei, ich halte das für lösbar“, hatte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) nach der zweiten Runde erklärt. Und auch Grünen-Chef Tarek Al-Wazir will keine unüberwindlichen Hürden erkannt haben. Nun erklärte Bouffier, beim Flughafen gebe es „weiteren Beratungsbedarf“.
Grünen-Chef Tarek Al-Wazir betonte, dieses Problem sei noch nicht gelöst. Bouffier hält eine Zusammenarbeit mit den Grünen weiter für möglich. Er habe den Eindruck, die Gespräche lohnten sich. Al-Wazir gab sich reservierter, wollte aber auch nicht sagen, es „mache keinen Sinn“. Deshalb wollten beide Parteien die Gespräche fortsetzen.
Bei der Landtagswahl am 22. September hatten weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün eine Mehrheit erlangt. Es laufen derzeit Sondierungen über eine rot-rot-grüne sowie eine große Koalition oder aber ein schwarz-grünes Bündnis. SPD, Grüne und Linkspartei hatten vergangene Woche weitere Gespräche vereinbart.
SPD und CDU werden sich voraussichtlich in der kommenden Woche wieder treffen. Bis Mitte Januar 2014 bleibt die bestehende Regierung offiziell im Amt. Deshalb können alle Parteien in den Sondierungsgesprächen entspannt auf Zeit spielen.
Als zentrale Figuren beim Koalitionspoker gelten Volker Bouffier und Tarek Al-Wazir. Bouffier hätte mit Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) einen wesentlich selbstbewussteren Partner in der Regierung, die schwächeren Grünen könnten sich leichter ausmanövieren lassen. Al-Wazir müsste vor allem vor der grünen Basis eine Regierungsverantwortung rechtfertigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht