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Regierungsbildung in GriechenlandEs könnte noch klappen

Die Demokratische Linke (Dimar) und die Konservativen sind bereit, eine Regierungskoalition mitzutragen. Beide machen aber nur mit, wenn die Radikalen Linken ebenfalls dabei sind.

Ein kleines bisschen Lächeln geht schon wieder: Samaras (l.) und Venizelos. Bild: dapd

ATHEN/BERLIN dpa | Im krisengeschüttelten Griechenland wächst die schwache Hoffnung auf eine Mehrparteienkoalition, die sich für einen Verbleib des Landes in der Eurozone einsetzt. Nach der kleinen Linkspartei Demokratische Linke (Dimar) erklärte sich am Freitag auch der Chef der Konservativen, Antonis Samaras, unter Vorbehalt bereit, eine proeuropäische Regierungskoalition mitzutragen. Beide Parteien machen allerdings eine Einbindung des Bündnisses der Radikalen Linken unter Alexis Tsipras zur Bedingung.

Die Linksradikalen fordern jedoch, dass das harte Sparprogramm eingefroren wird. Die internationalen Geldgeber hatten das Sparen zur Voraussetzung für weitere Kredithilfen für das von der Staatspleite bedrohte Griechenland gemacht. Das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) unter dem politischen Senkrechtstarter Tsipras war aus der Wahl am Sonntag als zweitstärkste Kraft hinter den Konservativen hervorgegangen.

Die Bundesregierung setzt sich weiterhin für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone ein. „An diesem Ziel hat sich nichts verändert“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Es gebe aber keine Möglichkeit, die Vereinbarungen mit den internationalen Geldgebern nachträglich zu lockern. Seibert wies Bewertungen zurück, Europa diktiere Athen, was zu tun sei: „Es gibt kein Spardiktat.“ Der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, sagte: „Wir bemühen uns mit aller Kraft, Griechenland in der Eurozone zu halten.“

Konservativen-Chef Samaras sagte am Freitag nach einem 20-minütigem Gespräch mit dem Sozialisten Evangelos Venizelos, die Thesen seiner Nea Dimokratia (ND) und die Vorstellungen der Sozialisten (Pasok) und der Demokratischen Linken (Dimar) seien „sehr ähnlich“. „Wir sind bereit, diese Regierung zu unterstützen oder eine Minderheitsregierung zu dulden.“

Das entscheidende Treffen des Sondierers Venizelos mit dem Linksradikalen Tsipras war für den Abend (18.00 Uhr MESZ) geplant. Der frühere Finanzminister Venizelos ist als dritter Parteichef vom Staatspräsidenten Karolos Papoulias mit der Regierungsbildung beauftragt worden.

Bereits am Vortag hatte ein Sprecher des Bündnisses der Radikalen Linken Vorbehalte geäußert. Die von den drei anderen Parteien ins Auge gefasste Mehrparteien-Regierung würde eine Pro-Sparprogramm-Regierung, an der sich die Radikallinken nicht beteiligen würden. Sollten in Griechenland erneut Neuwahlen stattfinden, würden die Linksradikalen nach einer jüngsten Umfrage mit 23,8 Prozent klar stärkste Partei werden.

Der kleinste potenzielle Koalitionspartner, die Demokratische Linke, stellt zwei Bedingungen: Griechenland soll im Euroland bleiben, allerdings soll sich das Land stufenweise vom Sparprogramm lösen. Diese Regierung würde das neue Umfeld in Europa nutzen, um das Sparprogramm zu lockern und Griechenlands Gesellschaft wieder auf die Beine zu stellen, sagte Dimar-Chef Fotis Kouvelis mit Blick auf die Haltung des neuen französischen Präsidenten François Hollande, ohne diesen direkt zu nennen.

Mit weiteren Milliardenhilfen der anderen Euroländer kann Griechenland aber nur rechnen, wenn es die mit der EU und dem Internationalem Währungsfonds (IWF) vertraglich festgelegten Spar- und Reformvorhaben verwirklicht. Erst Mitte der Woche hatte die EU-Spitze Athen zur Vertragstreue ermahnt. Das unter immensen Schulden ächzende Land braucht bald wieder frische Milliarden - bis Ende Juni sollen es 30 Milliarden Euro sein. Sollte der Geldhahn zugedreht werden, wäre Griechenland Ende Juni pleite.

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1 Kommentar

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  • BG
    Bernd Goldammer

    Kann man Griechenland jetzt überhaupt noch als Demokratie verstehen? An den Schalthebeln der Regierung sind außer der kleinen Demokratischen Linken (Dimar)besonders die Parteien, die das entstandene Desaster über viele Jahre angerichtet haben. Beispiel: Bis heute können reiche Griechen das Kapital welches aus politisch gewollter "Nichtbesteuerung" entstanden ist in alle Welt transferieren.