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Regierung will Solarförderung kürzenAufschrei gegen den „Solarausstieg“

Durch die Kürzungen bei der Solarvergütung fürchtet das Handwerk um tausende Jobs. Solarfirmen haben sich nun gemeinsam gegen die Pläne gestellt.

Arbeitsplätze gefährdet: Handwerker an einer Solaranlage in Freiburg. Bild: dapd

FREIBURG taz | Die Bundesregierung hat die Solarbranche ins maximale Chaos gestürzt: Bis Ende März wird nun wieder wie wild Fotovoltaik installiert auf deutschen Dächern – die Module und Wechselrichter sind teils schon wieder knapp. Wenn dann zum 1. April die geplante massive Kürzung der Vergütungen Gesetz wird, dürften viele Installateure von einem Tag auf den nächsten von der Überlastung in die Zwangspause stürzen.

Denn Handwerksbetriebe fürchten zum kommenden Monatswechsel einen Zusammenbruch des Marktes: „Die Höhe der geplanten Degression der Vergütungen ist nicht verkraftbar“, sagt etwa Peter Herrmann, Vertriebsleiter beim Freiburger Solarinstallateur Energossa. „Es drohen Entlassungen beim Handwerk, und manches Unternehmen könnte es bald nicht mehr geben.“

Es sind also nicht alleine die Solarhersteller, denen die geplante Blitznovelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes – im Branchenjargon längst als „Solarausstiegsgesetz“ bezeichnet – Angst macht, sondern auch die Installateure vor Ort: „Mehr als 100.000 Arbeitsplätze in Handwerk, Industrie, Forschung und Entwicklung sind durch die radikalen Kürzungspläne der Bundesregierung in Gefahr“, warnt die Handwerkskammer der Solarstadt Freiburg.

Die Koalition sabotiere Planungen und Projekte von Privatleuten, Unternehmen und Kommunen gleichermaßen. Und auch den Projektentwicklern geht es nicht besser. Die Firma Solarhybrid aus Brilon zum Beispiel, die Solarparks projektiert, sieht bereits ihr „gesamtes Geschäftsmodell in Deutschland in Frage gestellt“.

Die Fotovoltaik-Branche nicht ersticken

Unterdessen haben sich auch Technologieunternehmen und Forschungsinstitute in Baden-Württemberg gemeinsam gegen die Pläne der Bundesregierung positioniert, denn allein in Baden-Württemberg seien 15.000 meist hochqualifizierte Stellen in der Fotovoltaik-Industrie bedroht. „Es wäre verkehrt, Ziele zu setzen, die die Fotovoltaik-Branche in Deutschland nur ersticken können“, heißt es in einem gemeinsamen Aufruf.

Dieser hat insofern eine besondere Bedeutung, weil Baden-Württemberg durch seine Solarforschung und seine weltweit führenden Maschinenbauer wie kein anderes Bundesland für den technischen Fortschritt in der Fotovoltaik steht.

Nirgendwo weltweit sind so viele Technologieführer der Solarbranche zu Hause wie im deutschen Südwesten; speziell sind dies die Firmen Centrotherm (Blaubeuren), Manz (Reutlingen) und Schmid (Freudenstadt), die weltweit schlüsselfertige Solarzellenfabriken bauen und die dazugehörigen Zellkonzepte entwickeln. Und die Firma Rena (Gütenbach) liefert die Fertigungsanlagen zur nasschemischen Prozessierung von Solarzellen. Auf der Forschungsseite ist vor allem das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Freiburg) als das größte Solarforschungsinstitut Europas zu nennen.

In dem Aufruf von Firmen und Forschungseinrichtungen heißt es nun: „Die deutsche Photovoltaik-Forschung gilt weltweit als herausragend.“ Die Publikationen hiesiger Forscher machten einen großen Teil der Beiträge auf internationalen Konferenzen zur Fotovoltaik aus. Diese Kompetenz müsse „gehalten und ausgebaut werden“.

Doch die Bundesregierung will mit dem neuen Gesetz, das an diesem Freitag im Bundestag eingebracht wird, den Ausbau der Fotovoltaik auf nur noch 10 bis 20 Prozent des derzeitigen Zubaus stutzen. Zugleich aber will sie, dass Solarstrom deutlich billiger wird. „Dies kann so nicht funktionieren“, heißt es im Aufruf – denn weitere Preissenkungen des Solarstroms setzten höhere Produktionsmengen voraus: Um die Fotovoltaik schnell auf das Preisniveau von Windkraft und darunter zu bringen, müsse „der Solaranlagen-Zubau noch verstärkt werden“.

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7 Kommentare

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  • W
    Waage

    Sorry,

     

    1) Karsten mit K, ist doch klar!

    2) streicht im Geiste in meinem Beitrag das Wort "parasitieren" und ersetzt es durch "kannibalisieren" da ersteres Wort Neusprech der PI-Leute ist.

    (ich bin selber zwar eher konservativ, aber hinter dem PI- Busch sitze ich ganz bestimmt nicht!!!)

  • W
    Waage

    Hallo @Carsten, du meinst mit dem Vorredner wohl @Philipp.

     

    Klar schrauben Rösler und Co. mit ihren Entlastungen der Wirtschaft die EEG - Umlage zusätzlich hoch.

    Hauptproblem ist aber dennoch, dass zu viel, zu früh und zu teuer, mehr als für die Lernkurve notwendig (und für die Lernkurve ist die Förderung ja gedacht!!!) zugebaut wurde. Da hat Philipp in seiner Grundaussage völlig recht.

     

    Du hast darüber hinaus einen unangenehmen Nebeneneffekt des Drückens der Strompreise an der Börse durch die EE vergessen: diese müssen nämlich auch zu den Börsenpreisen verkauft werden, sinkt dieser steigt automatisch die EEG Umlage - aua!

     

    Die EE parasitieren sich nach dem heutigen Abrechnungsmodus an der Börse selber.

    Es nutzt daher nichts, die Kosten für die EE und vor allem die PV mit Merit Order billig zu rechnen, sie mussen auch tatsächlich selber möglichst billig werden.

     

    Ich habe mit bedacht das Wort "möglichst" verwendet da die EE je billiger sie selber werden auch die Preise der anderen weiter nach unten drücken.

    Irgendwann muss bei der Förderung also auch ein Boden nach unten eingezogen werden, aber so weit sind wir noch lange nicht.

     

    Ich rede hier nur vom Börsenpreis. Den für den Eigenverbrauch interesanteren Haushaltsstrompreis ohne Mehrwertsteuer könnte die PV durch den Rösler/Röttgenplan (die schlimmsten Giftzähne - Fristen/Ermächtigung sind dem Plan ja bereits gezogen) schon in 4Wochen selbst mit kleinen Dachanlagen unterbieten.

     

    Ich bin dafür!!!

    Ich habe nämlich keine Lust mehr, mich mit Merit Order und ähnlichen dialektischen Verrenkungen künftig noch in irgendwelche Diskussionen zu begeben.

     

    (ohne offensive Förderkürzungen keine offensive Argumentation!)

  • K
    Karsten

    Der Vorredner ist nicht ganz richtig.

     

    Erneuerbare Energien haben einen preissenkenden Effekt an der Strombörse, da zu Spitzenzeiten das hohe Angebot von Solar- und Windstrom die Preise sinken lässt. Bislang profitieren aber nur Industriekunden von dem Effekt, da die Energieversorger den Preisnachlass nicht an Endkunden weitergeben.

    Neuninstallationen tragen aufgrund der bereits stetig gefallenen Förderung kaum zur Kostensteigerung bei.

     

    Warum die Strompreise gestiegen sind und wie die FDP das EEG unterwandert haben zeigen beispielsweise dieser Artikel http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,817772,00.html und die Monitor Sendung

    http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2011/1027/eeg.php5

     

    Bitte Augen öffnen!

  • W
    Waage

    @Philipp,

     

    für die Vergangenheit magst du recht haben.

     

    Die Sache ist nur, Solar wird billiger, Windkraft eher teurer. Wann sich diese beiden Kostenkurven endgültig schneiden ist eigentlich nur eine Frage der Zeit.

     

    Es wird zudem in Zukunft keine reine Preisfrage mehr sein sondern: wie viel Wind und wie viel Sonne in welcher Region und im Energiemix insgesamt sind sinnvoll?

     

    Als Faustregel dürfte gelten, dass 1/3 des Stroms aus Sonne und 2/3 aus Wind erzeugt werden sollte. So ergänzen sich beide am besten mit Blick auf den Tages- und Jahreslastgang.

     

    Konkret bedeutet das für die installierte Leistung 1:1, also bei 3GW Windkraftausbau müssen auch 3GW PV zugebaut werden. Da die PV noch etwas Nachholbedarf hat dürfen es in den nächsten Jahren auch noch etwas mehr sein.

  • P
    Philipp

    Laut http://www.bdew.de/internet.nsf/id/3564E959A01B9E66C125796B003CFCCE/$file/BDEW%20Energie-Info_EE%20und%20das%20EEG%20%282011%29_23012012.pdf

     

    betrug die Förderung für Solarstrom 2011 6914 Mio Euro, für Windstrom 2712 Mio Euro, für Wasserkraft 66 Mio Euro.

     

    Die Erzeugte Energiemenge betrug 19 TWh aus Solarstrom, 40 TWh aus Windstrom, 16 TWh aus Wasserkraft.

     

    Solarstrom ist also die deutlich teuerste Variante der dieser drei erneuerbaren Energiequellen. Oder anders gesagt: Wenn man das Geld, daß in die Solarförderung steckte stattdessen in Wind- und Wasserkraft gesteckt hätte, könnte man heute deutlich mehr Energie (und könnte einige konventionelle Kraftwerke früher abschalten).

     

    Auf der anderen Seite hat die in Deutschland aufgebaute Solarindustrie trotz hoher Förderung sehr mit billigerer Konkurrenz aus China zu kämpfen (warum eigentlich, bei dem hohen Automatisierungsgrad?) und scheint mir deutlich weniger wettbewerbsfähig, als es die deutschen Hersteller von Windenergieanlagen sind.

     

    Das in die Solarförderung gesteckte Geld war also sowohl in Bezug auf die Energiewende, als auch auf die Wirtschaftsförderung Verschwendung.

     

    Philipp

  • P
    peter

    Wenn auch mit reichlich Verspätung ist ja in diesem Blatt so etwas wie ein neutraler Bericht zu lesen.

    Interessant auch dieses hier, aus ganz unerwarteter Ecke

    http://www.manager-magazin.de/unternehmen/energie/0,2828,817462-3,00.html

    oder hier, aber auch nicht dümmer

    http://www.sma-sunny.com/2012/02/24/ueber-die-wahren-hintergruende-der-geplanten-foerderkuerzungen/

  • C
    consequences

    Diese Energie-Preistreiber muss langsam aufhören, jeder Arbeitsplatz in diesen Branchen kostet den Bürger ca. 100.000,-- Euro/a. Es liegt endlich eine Studie des Staatsrechtlers Prof. Dr. Manssen von der Uni Regensburg vor "Das Ökostrom-Gesetzt ist verfassungswidrig". Man kann die Energiewende nicht mit Subventionen fördern, die zur Lasten der Bürger gehen und wenige verdienen daran.

    Es gibt mittlerweile noch andere Energieformen

    zur Stromerzeugung. Wind- (Volllast ca. 1800 Std/a) und Solaranlagen (ca. 800 Std/a) ist die schlechteste Form, da sie nicht Grundlasttauglich sind. Hier herrscht mal wieder nur der Lobbyismus. Wenn die Energiepreise weiterhin steigen; BRD hat die zweithöchsten Europas; wird der Wirtschaftstandort gefährdet.