Regierung für Waffenlieferungen: Panzerabwehrraketen für Kurdistan
Deutschland liefert Waffen für den Kampf gegen die Terrormiliz IS an die Kurden im Nordirak. Das beschloss eine Ministerrunde unter Leitung von Merkel.
BERLIN rtr/dpa | Deutschland liefert den Kurden im Nordirak Panzerabwehr-Raketen des Typs Milan und Panzerfäuste, um sie im Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu unterstützen. Dies gaben Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Sonntagabend in Berlin bekannt.
Außerdem will die Bundesregierung den Kurden Handgranaten, Maschinengewehre sowie alte und neue Sturmgewehre des Typs G3 und G36, Pistolen und Munition schicken. Auch Fahrzeuge sollen die Kurden erhalten: Geländewagen, Unimogs sowie fünf ältere gepanzerte Patrouillenfahrzeug des Typs Dingo 1.
Von der Leyen sagte, dass die Unterstützung der Kurden sowohl eine humanitäre Verantwortung Deutschlands als auch im sicherheitspoolitischen Interesse sei. Die Waffenlieferung reiche aus, um einen Großverband von 4.000 Soldaten auszustatten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich zuvor in kleiner Runde mit den Ministern für Auswärtiges, Verteidigung, Wirtschaft und Entwicklung getroffen, um die Entscheidung zu fällen. Im Gespräch war die Lieferung panzerbrechender Waffen aus Bundeswehr-Beständen, die die Peschmerga-Einheiten gegen Militärfahrzeuge einsetzen könnten, die die Islamisten von der irakischen Armee erbeutet haben.
Merkels Regierungserklärung am Montag
Am Montag will Merkel im Bundestag eine Regierungserklärung zu dem Thema abgeben. Die Abgeordneten haben in der Frage der Waffenlieferung jedoch kein Mitspracherecht. Geplant ist lediglich die Abstimmung über einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, mit dem sie der Regierung den Rücken stärken wollen. Auch die Opposition, die die Waffenlieferungen zum Teil ablehnt, kann Entschließungsanträge einbringen. Sie haben jedoch keine bindende Wirkung für die Regierung.
Neben Deutschland haben sich die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien und zahlreiche weitere Staaten zu Waffenlieferungen an die Kurden bereiterklärt. IS beherrscht nach einem rasanten Vormarsch weite Landstriche in Syrien und dem Nordirak und hat dort ein Kalifat ausgerufen.
Grünen wollen gegen Waffenlieferungen stimmen
Die Grünen-Fraktion im Bundestag wird mehrheitlich gegen Waffenlieferungen Deutschlands in den Nordirak stimmen. Das kündigten Parteichefin Simone Peter und Fraktionschef Anton Hofreiter am Sonntagabend in Berlin an. Mit Waffenlieferungen würde die Region weiter destabilisiert, wie auch Erfahrungen aus Syrien und Libyen zeigten, sagte Peter vor der Sondersitzung des Bundestages an diesem Montag.
Co-Parteichef Cem Özdemir hatte sich zuletzt für Waffenlieferungen an die Kurden im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat ausgesprochen. Hofreiter lehnt dies ab. Gegen IS könne zwar nur militärisch vorgegangen werden, und das Agieren der USA mit Luftangriffen sei richtig gewesen. Bei Waffen werde man am Ende aber nie wissen, gegen wen und von wem sie eingesetzt werden. „Deshalb bin ich gegen diese Waffenlieferung. Ich erwarte, dass die große Mehrheit der Grünen-Fraktion das genauso sieht“, sagte Hofreiter. Nötig sei ein stärkeres UN-Mandat. Die Bundesregierung müsse sich für eine politische Lösung einsetzen.
Vor der Sondersitzung des Bundestags zur Rüstungshilfe für die Kurden im Irak hatte die Linke ihre Forderung nach einem Verbot aller deutschen Waffenexporte bekräftigt. Der Parteivorstand beschloss am Sonntag eine Erklärung, in der er der Bundesregierung Rechtsbruch vorwirft.
„Die Bundesregierung verstößt mit dem jetzigen Beschluss zu Rüstungsexporten offen gegen das Kriegswaffenkontroll- und Außenwirtschaftsgesetz sowie die eigenen 'Politischen Grundsätze der Bundesregierung zum Rüstungsexport'“, heißt es darin. „Die Bundesregierung wird mit der direkten Waffenlieferung an eine von mehreren Konfliktparteien vor Ort zur Kriegspartei.“
Die Linke erinnert in dem Beschluss daran, dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine restriktive Rüstungsexportpolitik angekündigt hat. „Dies ist mit dem geplanten Rüstungsexport völlig hinfällig“, heißt es in dem Beschluss.
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