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Regierung ändert BetäubungsmittelrechtKiffen auf Rezept

Cannabis-Medikamente dürfen künftig in Deutschland hergestellt und zur Therapie verschrieben werden. Als Arznei lindert das Rauschmittel etwa Symptome von Krebs und Multipler Sklerose.

Bald auch in Deutschland legal: Cannabis-Anbau für medizinische Zwecke in den Niederlanden. Bild: dpa

BERLIN dpa | In Deutschland soll es künftig Cannabis auf Rezept geben. Nach FDP-Angaben haben sich die Koalitionsfraktionen am Montag grundsätzlich auf eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelrechts geeinigt. Die Gesetzesänderung solle die Möglichkeit eröffnen, Cannabis-Medikamente in Deutschland herzustellen und für eine Therapie zu verschreiben.

Auch die Versorgung sterbender Menschen solle verbessert werden, um in der letzten Lebensphase deren Schmerzen zu lindern. Heime und Hospize dürften dann Notfallvorräte an Betäubungsmitteln anlegen. "Damit stehen schwerstkranken Menschen jederzeit schmerzlindernde Mittel zur Verfügung", erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagfraktion, Ulrike Flach.

Bislang müssen Betroffene häufig langwierig mit Behörden, Ärzten und Kassen um die Nutzung von Cannabis-Arznei kämpfen. Nach Auskunft der Arbeitsgemeinschaft "Cannabis als Medizin" (ACM) dürfen derzeit bundesweit lediglich 40 Patienten derartige Medikamente aus der Apotheke beziehen. Eigentlich ist Cannabis ein Rauschmittel, das aus den Blüten des Hanf gewonnen und meist als Haschisch oder Marihuana konsumiert wird. Als Medikament soll es aber unter anderem auch die Symptome von Krebs und Multipler Sklerose abmildern.

Vor knapp zwei Jahren hatten Union, SPD und FDP im Bundestag noch gegen die erleichterte Verwendung von Cannabis in der Medizin gestimmt. Die Kritiker warnten damals vor allem vor dem Suchtpotenzial und zweifelten am medizinischen Nutzen. Einer aktuellen Umfrage zufolge befürworten allerdings mehr als 75 Prozent der Deutschen die medizinische Verwendung von Cannabis.

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24 Kommentare

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  • ES
    Eberhard Schlotter

    Es gibt viele Pflanzen reich an Öl, und viele der Prozesse, die das Pflanzenöl Abfall produzieren. Dazu zählen Soja, Mais, Kokos-, Palm-, Raps.

     

    cannabis samen

  • N
    naomi

    Diese Bevormundung des Staates geht mir gehörig gegen den Strich.Ich kann fast allen die vor mir geschrieben nur Recht geben.

  • PM
    peter moffay

    die öffentlichkeit zeitungen usw sollten sich mal lieber damit beschäftigen wie die regierung uns belügt und solche informationen fast ein jahrhundert unter verschluss gehalten werden etc...... einfach nur lachhaft

  • B
    besorgt

    @ A und O

     

    Dronabinol ist schon länger legalisiert. Meiner Meinung werden jetzt aber auch Medikamente aus natürlichem THC erlaubt. Darunter fällt zum Beispiel das Mundspray "Sativex" (nachzulesen im Hanf-Journal, August '10).

     

    @ Hjalmar

     

    Die Lobby hat sich WIEDER durchgesetzt! Wer produziert Sativex? GW-Pharmaceuticals, eine Tochter von Bayer.

  • AU
    A und O

    Der Witz ist ja, dass das Dronabinol (künstliches THC) freigegeben wird auf Rezept, aber nicht gleich Hanfblüten (umgangssprachlich Marihuana). Dies obwohl es oft Beschwerden gibt, Dronabinol wirke nicht so gut wie Hanfblüten. Vermutlich, weil in den Hanfblüten noch weitere Wirkstoffe enthalten sind.

    Hier sieht man immernoch den Einfluss der Pharmalobby: Die möchte sich natürlich nicht das Butter vom Brot nehmen, man stelle sich schließlich vor; Hanfblüten auf Rezept würden die Extraktion von THC unnötig machen und damit der Pharmalobby das Geschäft vermiesen.

    Dabei gibt es Hanfblüten statt THC-Extrakt in mehreren europäischen Ländern auf Rezept...

  • T
    taz.de-Redaktion

    @besorgt, Bernd, keks, Banjo Hansen

     

    Sorry, da haben wir etwas vorschnell auf publizieren gedrückt. Die Fehler der dpa-Meldung sind jetzt verbessert. Gleich gibt es aber auch die taz-eigenen Texte zum Thema online zu lesen.

  • D
    Durchfluss

    Ob man jetzt auch die Homöopathischen Cannabispräparate kaufen kann?

    Ja richtig! Cannabis ist soooo gefährlich, dass es sogar bis zur Unkenntlichkeit verdünnt unter das BTM fällt!

  • E
    Elvenpath

    Cannabis ist kein Rauschgift, da es nicht toxisch (giftig) ist. Im Gegensatz zu Alkohol, welches schon in kleinen Mengen toxisch, also giftig ist.

    Es gibt in der Geschichte der Medizin keinen einzigen Cannbis-Toten (es sei denn, jemand ist eine Palette davon auf den Kopf gefallen).

    Cannabis ist ein Rauschmittel, welches von den Menschen wahrscheinlich schon länger als Alkohol konsumiert wird.

    Cannabis verursacht keine körperliche Abhängigkeit. Wenn man es absetzt, gibt es keine Entzugserscheinungen.

    Wer zu lange und zu viel konsumiert muss mit psychischen Störungen rechnen. (Mutter: "Kiffen macht vergesslich und gleichgültig, das sage ich dir immer wieder!" Sohn:"Weiß ich nichts von, ist mir auch egal")

     

    Die Ächtung wurde von den USA im Zuge der Prohibition eingeführt. Das Verbot von Alkohol ließ sich wegen des Widerstandes der Bevölkerung nicht aufrechterhalten, Cannabis blieb jedoch (wider aller Vernunft) auf der schwarzen Liste.

     

     

    So long...

  • NG
    nich giftig

    @ besorgt:

     

    Genau, Cannabis ist kein Gift, da es pflanzlich, also natürlich ist. Genauso wie Nikotin (kommt auch vonna Pflanze), oder Kartoffelschnaps (kommt von Kartoffeln, die auch natürlich sind). Uran ist auch nicht schädlich, denn es kommt auch von der Natur. Oder Heroin, kommt von Schlafmohn (ob die Mohnschnecke giftig ist?). Öl is auch gut, da es in der Natur, am Meeresgrund wohnt. Tollkirschen sind auch nich giftig, da es ja Pflanzen sind.

     

    Oh mann!

  • T
    T.V.

    Schade, daß es nur um die "Medikamente" geht, die weit weniger wirksam sind, als das was noch nicht durch irgendeinen Pharmabetrieb verunstaltet wurde.

     

    Aber vielleicht ein kleiner Schritt bei der Offenlegung einer der größten Gesellschaftslügen.

  • DA
    Das A und O

    Es ist schon ein Witz, dass jetzt auch die taz die Artikel von Spiegel, Zeit und FR-Online fast wortgleich übernimmt und dann auch noch Hanf als "Rauschgift" bezeichnet. Solchen Polizeijargon aus den 60er Jahren erwartet man von Welt und Focus, aber nicht von der taz...

  • B
    Basti

    Super sache. sobald die ami's was vormachen machens die deutschen nach (siehe legalisierung von med. cannabis in washington).

     

    ach ja, eigentlich müsstet ihr doch wissen dass cannabis nicht aus blätter gewonnen wird, oder ? weiß doch jedes kind :D

  • H
    HanfGräfin

    na endlich, eine begüßenswerte entscheidung. unverständlich spät getroffen zwar, aber immerhin. was noch wichtig zu wissen ist:

    drogen wie cannabis oder auch heroin (wurde bereits in den 80er jahren in großbrittanien auf rezept für zB unheilbar krebskranke verschrieben) entfalten bei schwerkranken und sterbenden eine andere wirkungsweise als bei gesunden. sie führen i.d.r. zu einer enormen abnahme der beschwerden, wie spastiken (wie etwa bei ms) oder starken schmerzen (zb krebs), OHNE das bewusstsein einzutrüben, was bei "normaler" medikamentengabe häufig der fall ist, gerade bei erkrankungen im finalstadium, wodurch sterben oft zu langem qualvollen siechtum wird.

  • A
    Andy

    "Nur weil man es auch als Rauschmittel benutzen kann" ist ja auch einfach kein Argument gegen medizinische Nutzung. Gut so!

  • BH
    Banjo Hansen

    "...aus Hanfblättern gewonnen..."? So, so... Da habe ich bisher also die falschen Pflanzenteile geraucht.

  • S
    simon

    Ein wichtiger und richtiger Schritt! Endlich mal gute neuigkeiten!

  • H
    Hjalmar

    Hat auch lang genug gedauert. Da sieht man mal wieder die Macht der Lobby, immerhin wurde es jetzt durchgesetzt.

  • M
    Mac-Lennox

    Eine absolut vernünftige Entscheidung. Gebt das Hanf frei!

     

    Zum Einwand das Cannabisprodukte ein Suchtpotential entwickeln können, ist darauf zu verweisen, dass Cannabis im Gegensatz zu Alkohol und Tabak keine physische Abhängigkeit hervorruft. Eine psychische Abhähgigkeit kann dagegen durchaus auftreten.

  • K
    Kosch

    "Eigentlich ist Cannabis ein Rauschgift, das aus Hanfblättern gewonnen und meist als Haschisch oder Marihuana konsumiert wird."

    Auf die Bezeichnung "Rauschgift" möchte ich mal nicht näher eingehen, die Blätter von Hanfpflanzen enthalten den Wirkstoff THC aber schlicht und einfach nicht.

    Das THC befindet sich im Harz der weiblichen Blüten welche auch auf dem Bild zu sehen sind, zudem enthalten die Blüten weitere verwandte Wirkstoffe die medizinisch relevant sein können.

    Als Marihuana werden die getrockneten Blütenstände bezeichnet, Haschisch ist das gepresste Harz der Blüten.

    Um die Risiken des Rauchens zu minimieren kann das Marihuana im übrigen auch über einen Vaporizer verdampft und dann inhaliert werden, so dass nur Wirkstoffe und ätherische Öle eingeatmet werden, nicht aber schädliche Rauchgase.

     

    Erfreulicher Weise endlich mal wieder ein Schritt in die richtige Richtung den ich von unserer leidigen Regierung so nicht erwartet hätte!

  • K
    keks

    Liest ihr die Meldungen von der dpa nichtmehr durch, bevor ihr sie veröffentlicht? Nicht die Blätter sondern die Blüten sind das Hauptaugenmerk

  • B
    Bernd

    Eigentlich ist Cannabis kein Rauschgift, das irgendwie hergestellt werden muss.

    "Cannabis", "Marijuana" sind entfremdende Bezeichnungen der Nutzpflanze Hanf. Die vielseitig nutzbare Hanf, ein hervorragender Rohstoff für nahezu alle Fasernprodukte, wurde in der ersten Hälfte des XX. Jahrhundert wegen ihrer berauschender Wirkung, aber hauptsächlich zu Gunsten der Baumwollindustrie, kriminalisiert. Den Rausch rufen die s.g. Cannabinoide aus, die an vielen Rezeptoren im Körper andocken und Ausstoß der Glückshormone bewirken. Dabei töten sie aber keine Nervenzellen ab, wie z. B. Alkohol. So sollte man Hanf eher als Rauschmittel bezeichnen.

  • TD
    Tom der Thc Freak

    Ich finde das ist ein wichtiger Schritt zur Legalisiserung eines uralten Naturheilmittels, habe selber ein Aufmerksamkeidsdefizit Syndrom (kurz ADS,

    und mit 19 Jahren in der Ausbildung bemerkt dass durch die Gabe von Cannabis produkten meine leistungen in de Berufsschule stiegen da ich mich besser konzentrieren konnte. Leider wurde ich aufgrund meines Cannabis Konsum trotz guter noten (alles 2) gekündigt, und hoffe jetzt das durch die Gesetzesänderung die Diskrimminierung endlich ein Ende hat.

     

    MFG Tom

  • Q
    Querulant

    "Die Kritiker warnten damals vor allem vor dem Suchtpotenzial und zweifelten am medizinischen Nutzen."

     

    Genau, weil die Suchtgefahr von Heroin und Morphium - beides wir seit Jahrzenten munter in der Medizin eingesetzt - ja um ein vielfaches geringer, quasi nicht vorhanden ist...

     

    Es lebe die Propaganda der Pharmalobby...

  • B
    besorgt

    Cannabis ist kein RauschGIFT ... eine Pflanze ist kein GIFT