Reform: Erster Hort macht dicht
Kita in Ottensen nimmt keine Schulkinder mehr, aus Sorge um Existenz. Denn ab 2013 wird die Nachmittagsbetreuung an Schulen verlagert. Eltern fürchten Platzmangel.
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Die ab 2013 geplante Verlagerung der Kita-Horte an die Schulen führt schon jetzt zu ersten Schließungen. "Fest steht, dass wir ab sofort keine Schulkinder mehr aufnehmen können", heißt es in einem Brief der Ottenser Kita "Schatztruhe" an die Eltern. "Wenn wir jetzt nicht umsteuern, gehen wir pleite", begründet Leiterin Doris Noack den Schritt.
Denn ab 2013 werde die benachbarte Grundschule die Nachmittagsbetreuung übernehmen, so wie fast alle anderen Grundschulen auch. Es mache sie sehr traurig, den Hort zu schließen, sagt Noack. "Schließlich haben wir vor 17 Jahren diesen Laden für Schulkinder und ihre Bedürfnisse gegründet." In der Schatztruhe werden rund 70 Kinder betreut, davon gehen 27 zur Schule. Wenn sie diese Kinder in zwei Jahren auf einen Schlag verliere, könne sie nicht 20 kleine Kinder auf einmal als Ersatz eingewöhnen.
Auch die Nachbarkita "Mottenlos" überlegt, wie lange sie den Hortbereich noch aufrecht erhält. "In 2011 werden wir noch Schulkinder aufnehmen, dann aber auch abbauen", sagt Leiter Thorsten Behnk. "Das eh schon knappe Platzangebot wird noch viel knapper", sagt Kirsten Wischmann von der Eltern-Initiative "Peter und Paula", die seit Bekanntwerden gegen die Hortreform kämpft. Sie sei froh, dass ihr sechsjähriges Kind noch im Schatztruhe-Hort aufgenommen werden konnte.
Bisher erhalten fast nur Kinder, deren Eltern arbeiten, einen Gutschein für einen Hortplatz. Ab 2013 können alle Kinder von 13 bis 16 Uhr an den Schulen betreut werden.
Kosten: Bisher kostet ein Hortplatz je nach Umfang und Elterneinkommen zwischen 15 und 302 Euro. Künftig ist dies kostenlos, dafür werden aber Ferien, Randzeiten und Essen extra berechnet.
Personal: Für 23 Kinder gibt es eine Erzieherstelle, in sozial benachteiligten Gebieten eine für 19 Kinder. Ergänzt wir die Betreuung durch Angebote von Vereinen.
Die Kritiker stört vieles an der Reform, sie fürchten eine schlechtere Qualität, weil ohne zusätzliches Geld erheblich mehr Kinder betreut werden sollen. Nach öffentlichem Druck wurde die Reform vorigen November von 2011 auf 2013 verschoben. Doch nachdem jetzt fünf Pilotschulen von den Eltern gut angenommen wurden, hat der Senat die Sache wieder beschleunigt. Alle Schulen, die wollen und einen Kita-Träger als Partner gewinnen, können schon zum Schuljahr 2011 starten.
Für Eltern wird das Thema bei der neuen Anmelderunde wichtig. Wählen sie jetzt eine Schule mit Hort, wird ihrem Kind 2013 bei der flächendeckenden Umstellung ein Wechsel der Betreuungsinstitution erspart. "Es entsteht jetzt eine Sogwirkung bei den Eltern", sagt Sabine Kümmerle vom Wohlfahrtsverband "Soal", der mit Stadt und anderen Verbänden über einen Vertrag zur Reform verhandelt. Die Zeit sei viel zu knapp, die Politik habe nichts aus der Primarschule gelernt. "Die Horte steuern um, auch dort wo die Betreuung an den Schulen noch gar nicht existiert." Um Chaos zu vermeiden, müssten die Horte für die Risiken, die sie eingehen einen Ausgleich bekommen.
"Wenn das Beispiel aus Ottensen Schule macht, stehen die Eltern als Gelackmeierte da", warnt auch Elternkammer-Chef Peter Albrecht. Die Behörde müsse verhindern, dass Hortplätze abgebaut werden, "bevor das ganze System umgestellt ist".
"Wir haben das im Blick", sagt Sozialbehördensprecherin Julia Seifert. Man verhandle über eine Übergangsregelung, über Ergebnisse könne sie "erst wenn sie vorliegen, etwas sagen".
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